Kammerversammlung am 23. Mai 2014 in Dortmund

Am 23. Mai tagte die Kammerversammlung der nordrhein-westfälischen Psychotherapeuten zum letzten Mal in dieser Wahlperiode. Die Delegierten verabschiedeten eine Weiterbildungsordnung in Systemischer Therapie, Änderungen in der Berufsordnung sowie der Entschädigungs- und Reisekostenordnung. Sie forderten, dass es zu keiner Anrechnung der psychiatrischen Institutsambulanzen auf die zugelassene Anzahl von niedergelassenen Psychotherapeuten kommt.

Psychotherapeutische Versorgung in NRW

Präsidentin Monika Konitzer berichtete über die politischen Gespräche zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in NRW. Dazu finden seit Ende Januar Sitzungen des gemeinsamen Landesgremiums nach § 90a SGB V statt. Dieses Gremium besteht aus Vertretern des Landes, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen und der Landeskrankenhausgesellschaft. Die NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens sei sehr engagiert, dass man zu einer Übereinkunft zur Verbesserung der Versorgung psychisch kranker Menschen komme. „Da ist viel Zug drin“, stellte Konitzer fest. Das gemeinsame Landesgremium in NRW arbeitet zurzeit in zwei Arbeitsgruppen: Die eine Gruppe behandelt das Thema ambulante (psychotherapeutische) Versorgung mit den Zielen: verbesserter Zugang zum Erstgespräch, größere Transparenz für Patienten bzw. Hausärzte über Termine für Erstgespräche, zeitnahe Indikationsstellung und Vermittlung von geeigneter Therapie. Die andere Gruppe arbeitet am Thema sektorenübergreifende Versorgung. Durch ein patientenorientiertes Überleitungsmanagement in psychiatrischer Krankenhausversorgung sowie eine integrierte Behandlungsplanung sollen psychisch Kranke mit komplexem Behandlungsbedarf besser versorgt werden.

Psychiatrische Institutsambulanzen

Künftig sollen psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) pauschal mit einem halben Sitz auf die Arztgruppe der Psychotherapeuten angerechnet werden, so will es der Gemeinsame Bundesausschuss. Dadurch kann sich in NRW die Zahl der zugelassenen psychotherapeutischen Praxissitze um bis zu 51 verringern. Das sind mehr Praxen, als durch die jüngste Bedarfsplanungsreform neu geschaffen wurden (41,5). In allen Regionen mit einer PIA erhöht sich damit der Überversorgungsgrad, auch im Ruhrgebiet.

PIA sind Ambulanzen in Krankenhäusern, die psychisch kranke Menschen behandeln sollen, die wegen der Art, Schwere oder Dauer der Erkrankung nicht ausreichend in ambulanten Praxen versorgt werden können. Patienten erhalten in psychiatrischen Institutsambulanzen selten eine psychotherapeutische Einzeltherapie von 50 Minuten, sondern vor allem Kriseninterventionen, Erhaltungstherapie, Psychoedukation und Fallmanagement. Für eine Richtlinienpsychotherapie reicht die Vergütung meist gar nicht aus. Psychotherapeutische Praxen und PIA behandeln also sehr unterschiedliche Patienten. Durch den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 17. April verschlechtert sich damit die ambulante psychotherapeutische Versorgung. Der Beschluss wird zurzeit jedoch noch vom Bundesgesundheitsministerium geprüft. Die Kammerversammlung beschloss deshalb folgende Resolution:

Resolution: Keine Anrechnung der PIA

„Die Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen (PTK-NRW) fordert das Bundesministerium für Gesundheit auf, den Beschluss des G-BA zur Anrechnung der psychiatrischen Institutsambulanzen auf die ambulante Versorgung zu beanstanden.

Das Plenum des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hat am 17. April 2014 den Beschluss gefasst, dass psychiatrische Institutsambulanzen (PIA) nach § 118 SGB V mit einem Faktor von 0,5 auf die Bedarfsplanungsgruppe der Psychotherapeuten anzurechnen sind. Der Beschluss ist willkürlich, widerspricht gesetzlichen und vertraglichen Grundlagen zur Arbeit der PIA und entbehrt jeder empirischen Grundlage.

Die verfügbaren Daten zum Diagnose- und Leistungsspektrum der PIA zeigen:

  • Das Diagnosespektrum in den psychiatrischen Institutsambulanzen unterscheidet sich deutlich von dem im vertragspsychotherapeutischen Bereich.
  • Die Behandlungsschwerpunkte und damit auch das Leistungsspektrum der psychiatrischen Institutsambulanzen sind ausgesprochen heterogen.
  • Die den psychiatrischen Institutsambulanzen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel reichen nicht aus, um Psychotherapie in einem Umfang anzubieten, der eine fachgerechte Versorgung im Sinne der Richtlinienpsychotherapie erlauben würde.

Die Reform der Bedarfsplanung mit einer Überarbeitung der Verhältniszahlen Einwohner/Psychotherapeut in 2013 hat für die ländlichen Regionen in NRW einen moderaten Zuwachs von ca. 42 Versorgungsaufträgen erbracht. Die jetzt getroffene Regelung des G-BA zur Anrechnung von ca. 103 PIA in NRW auf die Bedarfsplanungsgruppe der Psychotherapeuten erhöht die nominelle Überversorgung in diesen Regionen. Allein dadurch sind mindestens 51 Versorgungsaufträge auf Dauer bedroht.

Der Beschluss reduziert so das ambulante psychotherapeutische Versorgungsangebot für Kinder, Jugendliche und Erwachsene insbesondere in strukturschwachen und ländlichen Regionen, verlängert die Wartezeiten auf eine psychotherapeutische Behandlung, erhöht das Leiden psychisch Erkrankter und fördert die Chronifizierung psychischer Erkrankungen.

Die Kammerversammlung der PTK-NRW fordert den Gemeinsamen Bundesausschuss auf, diesen Beschluss zurückzunehmen.“

Krankenhausplanung in NRW

Am 25. März hat die NRW-Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes NRW (KHGG) beschlossen (Drucksache 16/5412). Zweck des Gesetzes ist es, eine patienten- und bedarfsgerechte gestufte wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung durch Krankenhäuser sicherzustellen. Die Psychotherapeutenkammer NRW hatte schon zum Referentenentwurf eine Stellungnahme abgegeben. Im Gesetzentwurf wurden wesentliche Forderungen der Kammer übernommen.

Zukünftig soll auch die Psychotherapeutenkammer NRW an der Krankenhausplanung „unmittelbar beteiligt“ werden, soweit Einrichtungen betroffen sind, in denen Patienten behandelt werden, bei denen Psychotherapie angezeigt ist. Ferner sollen die NRW-Krankenhäuser zukünftig verpflichtet sein, im Rahmen ihrer Versorgungsmöglichkeiten auch Stellen für die Weiterbildung von Psychotherapeuten bereit zu stellen. Schließlich sollen sie auch zur Zusammenarbeit mit niedergelassenen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten verpflichtet werden. Dazu zählt insbesondere eine patientenorientierte regionale Abstimmung der Leistungsstrukturen.

Reform der Psychotherapeutenausbildung

Dr. Wolfgang Groeger stellte die Diskussion zur Reform der Aus- und Weiterbildung auf dem 24. Deutschen Psychotherapeutentag dar. Er informierte über die Beratungen zum Berufsbild, zum Kompetenzprofil und insbesondere zu den Mindestanforderungen an eine Reform des Psychotherapeutengesetzes. Diese Mindestanforderungen sollen im Herbst 2014 auf dem 25. Deutschen Psychotherapeutentag eine Richtungsentscheidung ermöglichen. Dabei geht es vor allem um die drei Alternativen: Studium und postgraduale Ausbildung, Direktstudium und postgraduale Fortführung, Direktausbildung und Weiterbildung.

Als zentrale Mindestanforderungen wurden auf dem vergangenen 24. Deutschen Psychotherapeutentag u.a. genannt: Die Reform des Psychotherapeutengesetzes gewährleistet die wissenschaftliche und praktische Qualifizierung von Psychotherapeuten durch:

  • Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, Staatsexamen, Abschluss auf Masterniveau,
  • bundeseinheitliche Ausbildungs- und Prüfungsverordnung/Approbationsordnung für den einheitlichen akademischen Heilberuf „Psychotherapeutin/Psychotherapeut“ mit Schwerpunkt Kinder/Jugendliche oder Erwachsene,
  • verfahrensvertiefende Fachkunde (Arztregistereintrag, analog Facharztstatus) bei sicherem Rechtsstatus in der Behandlung,
  • Fähigkeit zur Kooperation mit Angehörigen anderer Gesundheitsberufe für multiprofessionelle Versorgung (u.a. durch gemeinsamen Kompetenzerwerb).

Die Kammerversammlung diskutierte intensiv den Bericht des Vorstands. In der Diskussion zur Ausbildung wurde das ganze Spektrum der Auseinandersetzung deutlich. Psychotherapeuten sollten sich nicht mit Ärzten vergleichen, sondern sich selbst definieren. Eine Reform der Ausbildung müsse die psychodynamischen Verfahren sichern, damit die Patienten auch in Zukunft noch wählen könnten. Eine kleine Reform, die nur das Masterniveau als Zugangsvoraussetzung zur postgradualen Ausbildung anstrebe, reiche nicht, um die Zukunft des Berufsstandes zu sichern. Es bestehe die Gefahr, dass der Beruf des Psychotherapeuten zu einem Heil- und Hilfsberuf degradiert werde. Eine Reform der Ausbildung müsse im stationären Bereich die Grundlage für gleiche Verdienstmöglichkeiten und die Übernahme von Leitungsfunktionen schaffen. Die Finanzierung der Institute müsse auch bei einer Weiterbildungslösung gewährleistet sein.

Weiterbildung in Systemischer Therapie

Die Kammerversammlung beschloss eine Erweiterung der Weiterbildungsordnung um das Verfahren Systemische Therapie. Anni Michelmann begründete die neue Weiterbildungsmöglichkeit für approbierte Psychotherapeuten damit, dass die Ausbildung in Systemischer Therapie zurzeit praktisch nicht möglich sei. Der Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) prüfe zwar gerade, ob die Systemische Therapie als neues Richtlinienverfahren anerkannt werde könne. Doch die Prüfung sei langwierig und ihr Ausgang ungewiss. Außerdem prüfe der G-BA nur eine Zulassung für die Behandlung von Erwachsenen, obwohl der Wissenschaftliche Beirat Psychotherapie die Systemische Therapie als Verfahren sowohl für die vertiefte Ausbildung für die Behandlung von Erwachsenen als auch von Kindern und Jugendlichen empfohlen hatte. Kurzfristig sei es deshalb notwendig, die Systemische Therapie zumindest als Weiterbildung zu ermöglichen.

Berufsordnung

Die Kammerversammlung verabschiedete einstimmig oder mit großen Mehrheiten zahlreiche Änderung an der Berufsordnung, mit denen Regelungen des Patientenrechtegesetzes und Änderungen der Musterberufsordnung nachvollzogen werden.

Reisekosten- und Entschädigungsordnung

Die Kammerversammlung verabschiedete zudem Änderungen der Reisekosten- und Entschädigungsordnung. Vizepräsident Hermann Schürmann erläuterte, dass das NRW-Gesundheitsministerium eine rechtssichere Formulierung zur Abgrenzung von „Entschädigung für zeitliche Inanspruchnahme“ und Vorstandspauschale angemahnt hatte. Für Vorstandsmitglieder entfällt zukünftig die Entschädigung für die zeitliche Inanspruchnahme bei wahrgenommenen Terminen, die Vorstandspauschale wird moderat um 500 Euro erhöht.

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