PTK NRW-Veranstaltung „Angestellte im Fokus“ am 15. Februar 2017

Auf der Veranstaltung „Angestellte im Fokus – Tarifrecht, Arbeitsrecht, Berufsrecht“ der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) am 15. Februar in Düsseldorf standen mit Fragen zur tariflichen Eingruppierung, zu Dienst- und Fachaufsicht, Leitung und Befugnis zentrale Themen dieser Berufsgruppe auf der Agenda. Ziel der von dem Ausschuss für Psychotherapie in Krankenhaus und Rehabilitation der PTK NRW organisierten Veranstaltung war dabei auch, Argumentationshilfen für die Positionierung der beiden Berufe in den Institutionen zu gewinnen. Über 120 Anmeldungen spiegelten das große Interesse angestellter Kolleginnen und Kollegen an den aufgerufenen Themen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Rolf Mertens aus dem Ausschuss Psychotherapie in Krankenhaus und Rehabilitation der PTK NRW.

„Wir brauchen attraktive Arbeitsbedingungen“

In Deutschland gibt es 40.500 approbierte Psychologische PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen. 70 Prozent von ihnen sind weiblich, 58 Prozent älter als 50 Jahre. Etwa 25-30 Prozent von ihnen arbeiten in einem Angestelltenverhältnis, davon mit 30-40 Prozent die meisten in stationären Einrichtungen und etwa 20 Prozent in Beratungsstellen. In Nordrhein-Westfalen sind 2.800 aller approbierten Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und Jugendlichen-psychotherapeutInnen und damit mehr als ein Viertel der Mitglieder der PTK NRW angestellt, vorwiegend in Krankenhäusern. Zusätzlich arbeiten 1.000 Kolleginnen und Kollegen in einem Mischverhältnis von angestellt und selbständig.

Mechthild Greive aus dem Ausschuss für Psychotherapie in Krankenhaus und Rehabilitation der PTK NRW betonte in ihrer Begrüßung: „Um qualifizierten Nachwuchs für die Tätigkeitsfelder der angestellten Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen zu interessieren, einem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen und den Generationswechsel zu ermöglichen, brauchen wir attraktive Arbeitsbedingungen und eine gute Bezahlung.“ Psychologische PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen stünden jedoch vermutlich nicht im Zentrum von Tarifverhandlungen. „Entsprechend wichtig ist die Diskussion darüber, wie sich eine der Qualifikation und den Aufgaben gerechte Vergütung in Anstellung finden lässt und wie gute Arbeitsbedingungen für die Berufsgruppe gestaltet werden können“, hielt Mechthild Greive fest.

„Die Eingruppierung in EG 14 ist nicht akzeptabel“

Als Berufsgruppe beherzt aufzutreten, dazu motivierte auch Dr. Klaus Thomsen, Psychologischer Psychotherapeut aus Flensburg und Sprecher der ver.di-Bundesfachkommission Psychologische PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen, die im vergangenen Jahr an den Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern beteiligt war. In seinem Vortrag erläuterte er das Engagement und die Position von PsychotherapeutInnen bei ver.di und beleuchtete die Geschichte der tariflichen Einordnung der Berufsgruppe. Scharf kritisierte er die 2016 vereinbarte Eingruppierung in die Entgeltgruppe 14 im Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD); angemessen sei die Entgeltgruppe 15 als Facharztäquivalent. „Es ist nicht einsehbar, warum wir hinsichtlich unserer Qualifikationen und unserer Verantwortung nicht in diese Gruppe gehören“, betonte Klaus Thomsen. „Darüber hinaus müssen wir den beiden Tarifparteien auch deutlich machen, dass die Angestelltentätigkeit zunehmend unattraktiv für junge Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wird. Die schlechtere Bezahlung als bei anderen Heilberufen und schlechtere Aufstiegsmöglichkeiten in Kliniken oder anderen Institutionen schrecken ab. Wir brauchen daher weiterhin eine selbstbewusste Interessenvertretung in ver.di und über die Kammern und Fachverbände gegenüber der Arbeitgeberseite.“

In der Fragerunde wurde deutlich, dass vielfach Unsicherheiten bestehen, wie mit der neuen Eingruppierung umzugehen sei und wann es sich lohnt, einen Antrag zu stellen. Dr. Klaus Thomsen wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nach der Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 14 des TVöD in der neuen Stufe die Jahre von vorne gerechnet werden. Damit könne der Wechsel in die höhere Gruppe bedeuten, dass der Verdienst zunächst sogar einige Jahre geringer sei als bei dem regulären Aufstieg in der bisherigen Entgeltgruppe, rechnete er vor. „Steht jemand beispielsweise kurz vor der Rente, sollte er sich daher von einem Anwalt aus dem Tarifrecht oder der Gewerkschaft beraten lassen, ob die Höherstufung für ihn sinnvoll ist.“ Auch wenn der Arbeitgeber den Antrag ablehnt, sei eine Beratung empfehlenswert. Gefragt, ob angestellte PsychotherapeutInnen auch ohne Tarifbindung mit ihrem Arbeitgeber verhandeln können, regte der Sprecher der ver.di-Bundesfachkommission an: „Sie sollten das versuchen. Mit guten Argumenten und bei einem Arbeitsmarkt, in dem es zumindest in abgelegenen Gegenden kaum Bewerber gibt, kann man oft Glück haben. Nicht überall können Psychotherapeutenstellen besetzt werden.“

„Der Beruf des Psychotherapeuten ist ein freier Beruf“

Prof. Dr. Martin Stellpflug, Justiziar der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), informierte über Weisungsrechte des Arbeitgebers und Berufsfreiheit. Er hielt fest, dass im Arbeitsvertrag in der Regel keine umfassende Regelung der konkreten Pflichten festgehalten sei. Die konkrete Arbeitspflicht sei durch den Arbeitgeber zu konkretisieren – innerhalb der Schranken, die in § 106 der Gewerbeordnung geregelt sind. Hinsichtlich des Weisungsrechts gegenüber Psychologischen PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen gäbe es – abgesehen von den allgemeinen Grenzen des Weisungsrechts aus Tarifvertrag, Arbeitsvertrag oder Gesetz – keine konkreten gesetzlichen Vorgaben für besondere Grenzen. Allerdings gelte für approbierte Psychologische PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen die Berufsordnung mit § 1 Abs. 3 (Musterberufsordnung): „Der Beruf der Psychotherapeutin und des Psychotherapeuten ist seiner Natur nach ein freier Beruf und kein Gewerbe.“ Dies würde auch für Kolleginnen und Kollegen in Anstellung zutreffen. „Die Rechtsprechung zur Bedeutung des freien Berufs bezieht sich hierbei allerdings immer auf die Regelung in der Bundesärzteordnung und damit ein formelles Gesetz. Die Berufsordnung der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ist hingegen Satzungsrecht.“

Zu fragen sei daher: Gibt es gesetzliche Regelungen im Sinne der Gewerbeordnung, die das Weisungsrecht des Arbeitgebers einschränken? Hierzu hielt Prof. Dr. Martin Stellpflug fest: „Psychologische PsychotherapeutInnen und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen sind kraft Gesetz Mitglied der Kammer. Wenn ein Arbeitgeber konkret einen Psychologischen Psychotherapeuten oder eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin beschäftigt, weiß er daher, dass er oder sie direkt an berufsrechtliche Regelungen gebunden ist und sich rechtswidrig verhalten würde, wenn eine berufsrechtswidrige Weisung ausgesprochen wird.“ Der Arbeitgeber könne diese Arbeitnehmer damit nur so einsetzen, wie es mit dem für sie geltenden Berufsrecht vereinbar sei. Anschließend skizzierte Prof. Dr. Martin Stellpflug, wie mit einer – möglicherweise – rechtswidrigen Weisung umzugehen sei. „Einfach die Leistung zu verweigern, ist oft heikel und in den Folgen zunächst nicht immer einzuordnen“, betonte er. „Äußern Sie jedoch Ihre Bedenken und machen Sie deutlich, warum Sie einer Weisung nicht Folge leisten wollen und sich nur beugen. Klären Sie im Nachgang, ob die Weisung rechtswidrig war, zum Beispiel auch mithilfe der Kammer.“

Im Anschluss an den Vortrag nutzten mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit, dem Justiziar der BPtK ihre individuelle Situation und damit verbundene Fragen zu schildern. Abschließend hielt Prof. Dr. Martin Stellpflug fest: „Aus dem „freien Beruf“ folgt eine fachliche Weisungsungebundenheit. Allerdings ist das Setting im stationären Bereich oft so, dass es doch bei einer Weisungsbefugnis des Arbeitgebers auch in fachlichen Fragen bleiben muss, weil dieser gegenüber dem Patienten haftet.“

„Fordern Sie Ihre Rechte ein!“

Gerd Höhner, Präsident der PTK NRW, ermutigte die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung in seiner abschließenden Stellungnahme zu deutlicher Eigeninitiative: „Warten Sie nicht, bis Ihr Arbeitgeber Sie anspricht. Fordern Sie aktiv Ihre Rechte ein und erklären Sie, was für Sie wichtig ist, um gut arbeiten zu können. Wenn Sie einen guten Job machen können, ist das auch für Ihren Arbeitgeber ein Vorteil.“

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