2. Regionalversammlung im Regierungsbezirk Arnsberg

Mit Regionalversammlungen in den Regierungsbezirken des Landes möchte der Vorstand der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) den Kammermitgliedern ein Gesprächsangebot vor Ort machen. Nach einer erfolgreichen Auftaktveranstaltung für den Regierungsbezirk Detmold fand am 29. Juni in Dortmund die 2. Regionalversammlung für den Regierungsbezirk Arnsberg statt. Gut 70 Mitglieder waren der Einladung gefolgt. „Wir haben eine Reihe von Themen mitgebracht, über die wir Sie informieren möchten“, eröffnete Gerd Höhner, Präsident der PTK NRW, den Abend. „Gleichzeitig möchten wir Sie bitten, Ihrerseits aktiv Anregungen und Fragen einzubringen. Wir freuen uns, wenn wir über aktuelle landespolitische Aspekte miteinander in den Austausch kommen.“

Reform der Psychotherapeutenausbildung

Zunächst informierte Gerd Höhner zur Reform der Psychotherapeutenausbildung. Die aktuellen Entwürfe sehen ein Psychotherapiestudium mit zehn Semestern und einem elften Praxissemester vor. Das Studium endet mit der Approbation. Folgen sollen fünf Jahre Weiterbildung, in der in die Gebiete Psychologische Psychotherapie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie unterteilt wird. Innerhalb der Gebiete ist die Weiterbildung in den einzelnen Verfahren vorgesehen. „Grundsätzlich sind die Überlegungen für die Neuordnung darauf angelegt, sich der Ausbildungsstruktur der Ärzte anzugleichen“, erläuterte Gerd Höhner. „Das hätte zum Beispiel den Vorteil, dass Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten in Ausbildung ebenso angestellt wären wie Assistenzärzte in der Facharztausbildung. Die Bundespsychotherapeutenkammer hat für die konzeptionellen Überlegungen intensive Vorarbeit geleistet und sich dabei den Interessen der verschiedenen Berufsgruppen gegenüber sehr aufgeschlossen gezeigt. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe betonte im Juni, das Gesetz zur Ausbildungsreform werde noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet – wir sind gespannt.“

Weiterhin Chancen für Quereinsteiger

In der Diskussion kam unter anderem die Frage nach dem zukünftigen Zugang zum Beruf der Psychotherapeutin/des Psychotherapeuten auf. „Derzeit gehen wir davon aus, dass der Berufszugang allein über das Psychotherapiestudium möglich sein wird“, sagte Gerd Höhner. „Allerdings sind für die ersten Studienjahre Quereinsteigerchancen und Anerkennungsmöglichkeiten für Qualifikationen aus anderen Bereichen im Gespräch“, erläuterte der Kammerpräsident. „Ebenso liegt uns ein früher Praxisbezug am Herzen.“ Hinsichtlich Nachfragen zum Zeitrahmen erklärte Wolfgang Schreck, PTK NRW-Vorstandsmitglied und Beisitzer im Vorstand der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK): „Es lässt sich derzeit nicht sagen, ob die Umsetzung drei oder vielleicht auch fünf Jahre dauern wird. Fest steht aber: Wenn wir das Gesetz jetzt verabschieden, müssen die nach den bisherigen Regularien Studierenden auch weiterhin so abschließen können. Wahrscheinlich werden alt und neu daher zehn Jahre parallel laufen.“ Angesprochen wurde auch, ob das angestrebte System dazu führen könne, dass Approbierte auf Weiterbildung oder Institute auf Ausbildungsplätze verzichten. „Diese Gefahr sehen wir nicht“, stellte Cornelia Beeking aus dem Vorstand der PTK NRW fest. „Unter anderem benötigen auch Kliniken für bestimmte Bereiche Approbierte mit Weiterbildung. Approbierte Kolleginnen und Kollegen ohne Weiterbildung können sich zudem nicht niederlassen und mit der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen. Insofern ist die Weiterbildung durchaus als eine Voraussetzung für die eigenen Karrieremöglichkeiten zu sehen.“

Hilfen für Flüchtlinge und Helfer

Der Vorstand informierte auf der Regionalversammlung in Dortmund auch über die Aktivitäten der Kammer in der Flüchtlingsversorgung. Gerd Höhner betonte die gute Zusammenarbeit mit den Psychosozialen Zentren (PSZ) und das große Interesse von Mitgliedern an den Fortbildungsangeboten der Kammer zur Psychotherapie im interkulturellen Setting. „In der vorgezogenen Landesgesundheitskonferenz Ende Juni, die sich mit den Problemen der Flüchtlinge in unserem Gesundheitswesen befasst hat, sprach die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens unserer Profession ausdrücklichen Dank für ihr großes Engagement aus, was ich hier gerne weiterleite.“ Zu den Aktivitäten der Kammer gehöre darüber hinaus, über die spezielle Ermächtigungsform für die Versorgung von Flüchtlingen zu informieren und die regionale Vernetzung zu fördern. „Informationen und Kontakte bekommen Sie am einfachsten über die Kommunalen Gesundheits-konferenzen und über die Gesundheitsämter.“

Die Aussprache darüber, wie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in der Flüchtlingsversorgung mitwirken können, war vielfach geprägt von Hinweisen auf die Herausforderung, Sprachmittler zu finden und ihre Finanzierung zu klären. Auch Kritik am Asylbewerberleistungsgesetz wurde laut. „Alle finden es toll, wenn man mit Flüchtlingen arbeiten will“, so ein Teilnehmer. „In der Umsetzung werden einem jedoch viele Steine in den Weg gelegt.“ Deutlich wurde der Wunsch nach Vernetzung und Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Wolfgang Schreck verwies hierzu auf die Möglichkeit, über die Qualitätszirkel-Börse der PTK NRW Netzwerke zu suchen oder zu schaffen. Gerd Höhner lud ein, sich an der Umfrage der PTK NRW zu Aktivitäten in der Flüchtlingsversorgung in den Regionen zu beteiligen. „Je mehr Informationen wir erhalten, umso besser können wir sie bündeln, weiterreichen und zur Vernetzung beitragen.“

Bedarfsplanung in der psychotherapeutischen Versorgung

Im Gespräch über die Fehler und die Folgen der weiterhin geltenden Bedarfsplanung von 1999 verwies der Kammerpräsident auf die Problematik, dass mit einer neuen Planung auch Gelder anders verteilt werden müssten. „Dieses heiße Eisen fasst niemand gerne an“, so sein Kommentar. „Umso entscheidender ist es, dass wir immer wieder Gespräche mit unseren Politikern führen, auch wenn es mitunter zähe Arbeit ist.“ Ein Teilnehmer schilderte seinen Weg, wie er als Angestellter einer Koordinationsstelle im Gesundheitsamt psychotherapeutische Themen in die kommunale Politik einspeist, und beschrieb die Effizienz von Versorgungsabsprachen und Kooperationen vor Ort. PTK NRW-Vorstandsmitglied Cornelia Beeking begrüßte das vorgestellte Engagement ausdrücklich. „Ihr Beitrag ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir als Psychotherapeuten in kommunalen Strukturen politisch aktiv sein können. Es würde mich freuen, wenn ein Impuls davon ausgeht und sich Nachahmer finden.“

Entwicklung der Beitragsordnung der PTK NRW

Ein weiteres Thema der Konferenz war die seit 2015 geltende einkommensorientierte Beitragsordnung und der 2016 eingeführte Grundbeitrag von 70,00 Euro für jedes Mitglied der PTK NRW. „Bemessungsgrundlage für den Beitrag ist nur das Einkommen aus psychotherapeutischer Arbeit“, führte Gerd Höhner aus. „Mit der jetzigen Situation haben wir wieder das Niveau von vor 2015 erreicht und der Haushalt ist gedeckt, ohne dass sich der durchschnittliche Beitrag erhöht hat. Die Rückmeldungen zu der neuen Regelung waren zwar nicht immer positiv. Aber es haben sich auch Mitglieder gemeldet, die sich jetzt gerechter eingestuft fühlen.“

Im Plenum wurde diskutiert, wie psychotherapeutische Arbeit zu definieren sei. „Solange das, was Sie als Psychotherapeut tun, mit Ihrer Qualifikation in Verbindung steht, wenn Sie beispielsweise in der Volkshochschule als Psychotherapeut einen Vortrag über psychische Gesundheit halten, ist das psychotherapeutische Arbeit“, verdeutlichte der Kammerpräsident. „Die Rechtsprechung entspricht der für die sogenannte ärztliche Tätigkeit. Wir sind ganz froh darüber, dass die Gerichte so entschieden haben und wir die Definition nicht immer wieder erneut verhandeln müssen.“ Ein anderer Aspekt war, wofür die Kammerbeiträge verwendet werden. Cornelia Beeking betonte in diesem Zusammenhang: „Jede Landeskammer führt einen Teil ihrer Beiträge an die Bundespsychotherapeutenkammer ab. Sie untersteht anders als die Landeskammern nicht den Heilberufegesetzen der Länder und kann daher gerade in der politischen Auseinandersetzung freier agieren. Das ist für unseren Berufsstand sehr wertvoll – und Ihre Beiträge wirken hier unterstützend.“

G-BA-Beschluss zur Psychotherapie-Richtlinie

Zur Sprache kamen auch erste Einschätzungen zum aktuellen Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Psychotherapie-Richtlinie. „Nach schwierigen Verhandlungen liegt ein typischer Kompromiss vor“, urteilte der Präsident der PTK NRW. „Positiv lässt sich die Einführung der Sprechstunden und der Akutbehandlung bewerten. Kritisch erscheinen uns die Zweiteilung der Kurzzeittherapie und die unzureichende Verbesserung für Gruppentherapien.“ Eine Vermittlung über die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen, wie sie ab April 2017 geplant ist, bringe vermutlich kaum Entlastung, gab Gerd Höhner zu Bedenken. „Angesichts der aktuellen Versorgungslage ist nicht zu erwarten, dass dort immer Listen mit freien Therapieplätzen vorliegen werden.“ Zudem könne nach der neuen Richtlinie die Bewilligung von Therapien im Rahmen der Kostenerstattung erschwert sein, da Patienten auf der Suche nach einem Platz an die Terminservicestellen verwiesen werden. Alternativ könnten sie dann an eine psychiatrische Institutsambulanz verwiesen werden. „Insgesamt wird  sich das neue System, was die Versorgungssituation betrifft, wahrscheinlich als Nullsummenspiel erweisen“, so Gerd Höhner. „Es bringt Nachteile, zeigt aber auch den Versorgungsmangel auf.“

In der Aussprache wurde kritisch angemerkt, dass Psychotherapeuten die Sprechstunde nicht angemessen abrechnen können und Patienten verpflichtet sind, die Sprechstunde wahrzunehmen. PTK NRW-Vorstandsmitglied Hermann Schürmann gab hierzu zu Bedenken: „Wir haben uns – auch auf Bundesebene – immer wieder stark dafür gemacht, dass wir die ersten Ansprechpartner für Patienten sein wollen. Dementsprechend müssen wir uns auch gesprächsbereit zeigen. Vielleicht ist die unbezahlte Telefonzeit der Preis dafür.“

Eingruppierung in den Tarifvertrag

Abschließend kam Gerd Höhner darauf zu sprechen, dass Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten seit kurzem erstmals in den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst (TVöD) aufgenommen sind. „Die Eingruppierung nach E14 stößt zwar auf berechtigten Widerstand; ver.di hatte für E15 gekämpft“, erklärte Gerd Höhner. „Wir möchten hierzu auch noch einmal mit dem kommunalen Arbeitgeberverband ins Gespräch kommen. Grundsätzlich ist die Eingruppierung unserer beider Berufe in den Tarif jedoch ein deutlicher Gewinn.“ Vor allem mit Blick auf das Entgeltsystem für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen (PEPP) zeige sich ein Vorteil. „Die Krankenhäuser müssen demnächst abbilden, welcher Mitarbeiter welche Leistungen erbringt und das mit dem jeweiligen Beruf hinterlegen. Wir können also erstmals die Leistungen von Psychotherapeuten im Krankenhaus abbilden. Bislang verschwanden sie immer in irgendwelchen Budgets.“

Am Ende einer angeregten Diskussion zog der Präsident der PTK NRW ein positives Resümee: „Ich empfinde es als Bereicherung, unsere Mitglieder vor Ort kennenzulernen. Wir nehmen viele Anregungen und Kontakte mit und freuen uns auf die nächste Regionalversammlung, die für Ende August im Regierungsbezirk Münster geplant ist.“

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