Die Reform der Psychotherapeutenausbildung ist auf dem Weg

In der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Gesundheit im Deutschen Bundestag am 15. Mai 2019 wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der Psychotherapeutenausbildung von den geladenen Einzelsachverständigen und Vertreterinnen und Vertretern von 24 Verbänden und Institutionen mit einigen Einschränkungen positiv aufgenommen. Nach 20 Jahren Psychotherapeutengesetz sehen die Expertinnen und Experten den Bedarf, die Ausbildungsstrukturen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Deutschland zu modernisieren. Mehrfach geäußerte Verbesserungsvorschläge der Sachverständigen zum Gesetzentwurf betrafen Übergangsregelungen und finanzielle Zusagen, um Nachteile für die jetzigen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) bzw. die künftigen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung (PiW) zu verhindern.

Psychotherapie als eigenständiges Studienfach

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht ein eigenständiges Hochschulstudium der Psychotherapie mit einem dreijährigen Bachelor- und einem zweijährigen Masterabschnitt vor. Das Studium endet mit einer staatlichen psychotherapeutischen Prüfung, mit der die Studierenden die Approbation erhalten und die Berufsbezeichnung Psychotherapeut/Psychotherapeutin führen dürfen. An das Studium schließt sich eine nach Landesrecht organisierte Weiterbildung in stationären und ambulanten Einrichtungen an; die von den PiW erbrachten Behandlungsleistungen werden von den Krankenkassen vergütet. In der Weiterbildung wird die Fachkunde in einem wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Verfahren erworben. Sie ist die Voraussetzung für die Zulassung zur psychotherapeutischen Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten. In ihrer Weiterbildung qualifizieren sich die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zudem in Schwerpunkten für die Behandlung von Erwachsenen oder Kindern und Jugendlichen.

Situation der PiAs verbessern

In der Anhörung im Gesundheitsausschuss mahnte die Bundeskonferenz der Psychotherapeuten in Ausbildung an, dass PiAs derzeit selbst für die Kosten ihrer Ausbildung aufkommen müssten und damit in prekäre wirtschaftliche Verhältnisse gezwungen würden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthalte jedoch keine Regelungen für eine zeitnahe Verbesserung der Situation der jetzigen PiA und die Finanzierung aller notwendigen Weiterbildungshinhalte für PiW in der ambulanten Weiterbildung. Experten forderten in weiteren Redebeiträgen, die Praxisanteile während des Studiums aufzustocken und die Ausbildung im Bereich der Kinder- und Jugendpsychotherapie zu stärken. Zudem müsse im Studium die praxisnahe Lehre aller vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) anerkannten Therapieverfahren gewährleistet sein.

Anträge der Oppositionsfraktionen

In der Anhörung wurden drei Anträge der Oppositionsfraktionen mitberaten: Die AfD fordert in ihrem Antrag „Patientenschutz in der Psychotherapeutenausbildung sicherstellen“ unter anderem, die Studiendauer auf mindestens elf Semester zu erhöhen und das letzte Semester als praktische Ausbildung zu gestalten. Die Linke drängt in ihrem Antrag „Prekäre Bedingungen in der Psychotherapeutenausbildung sofort beenden und Verfahrensvielfalt im Studium gewährleisten“ darauf, zusammen mit dem Gesetzentwurf auch den Entwurf einer Approbationsordnung zu beraten und die Breite der in der Forschung diskutierten Verfahren und Methoden im Studium zu berücksichtigen. Des Weiteren fordert Die Linke, dass die Lehrenden über die Fachkunde für die zu vermittelnden Psychotherapieverfahren verfügen sollten und auch Hochschulen für angewandte Wissenschaften bei entsprechender Forschungstätigkeit und Promotionsmöglichkeiten den neuen Studiengang anbieten können. Der dritte Antrag „Reform der Psychotherapeutenausbildung zukunftsfest ausgestalten und Finanzierung der ambulanten Weiterbildung sichern“ von Bündnis 90/Die Grünen schließt die Forderungen ein, Übergangsregelungen für bereits in Ausbildung befindliche Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen zu schaffen und ein bedarfsgerechtes regionales Versorgungskonzept für schwer und chronisch psychisch erkrankte Menschen zu erarbeiten.

Position der PTK NRW

Die Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) begrüßt den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der Psychotherapeutenausbildung. Die geplanten Regelungen sichern ein Hochschulstudium auf Masterniveau mit einheitlichen Ausbildungsinhalten und stellen die Weichen für eine Weiterbildung bei Berufstätigkeit im stationären und ambulanten Bereich. Approbierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können damit nach ihrem Studium ein geregeltes Einkommen erzielen. In ihrer Weiterbildung werden sie auf eine Strukturqualität zurückgreifen können, die derzeit durch die psychotherapeutischen Ausbildungsinstitute und ihre Ambulanzen gewährleistet wird. Insgesamt wird die zukünftige Qualifizierung besser als bisher die Breite der Versorgungsaufgaben abdecken, die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten heute bereits eigenverantwortlich und erfolgreich übernehmen. Die PTK NRW erkennt in dem Gesetzentwurf jedoch auch Nachbesserungsbedarf. Dieser bezieht sich insbesondere auf die Definition der Heilkunde, die Finanzierungslücke in der Weiterbildung und die Gestaltung von Übergangsregelungen. In der Stellungnahme der PTK NRW zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung sind die Kritikpunkte und Änderungsvorschläge zusammengefasst. Darüber hinaus wird sich die PTK NRW kritisch mit zwei kurzfristig in den Gesetzentwurf aufgenommenen Regelungen auseinandersetzen: dem Auftrag an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), Konzepte für eine „berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung“ zu erarbeiten, sowie der Regelung, der G-BA könne im Rahmen der Psychotherapie-Richtlinie den „Behandlungsbedarf diagnoseorientiert und leitliniengerecht konkretisieren“.

Zuspruch und Kritik auch auf Bundesebene

Auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) begrüßt das Approbationsstudium für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Sie fordert jedoch ebenfalls eine zusätzliche finanzielle Förderung in der ambulanten Weiterbildung, Lösungen für Übergangsregelungen und Änderungen bei der Definition der Heilkunde. Die Stellungnahme der BPtK zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung zeigt die Position der Kammer im Einzelnen auf.

Die parlamentarischen Beratungen im Rückblick

  • Am 3. Januar 2019 wird der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministerium (BMG) für ein Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung (Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz – PsychThGAusbRefG) bekanntgegeben.
  • Am 27. Februar 2019 stimmt das Bundeskabinett dem Entwurf zu.
  • Am 12. April 2019 nimmt der Bundesrat Stellung zu den Plänen der Bundesregierung. Er regt an zu prüfen, ob der Praxisanteil im Studium durch ein Praxissemester oder Praktisches Jahr gestärkt werden könne und fordert Übergangsregelungen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die ihre Ausbildung nach den bisherigen Regelungen begonnen haben. Ausdrücklich wenden sich die Länder gegen die geplante Ermächtigung des G-BA, den Zugang zur Psychotherapie neu zu steuern. Darüber hinaus fordert der Bundesrat, dass der Bund die Kosten für den neuen Studiengang vollständig übernehmen soll. Statt wie derzeit geplant am 1. September 2020 soll das Inkrafttreten der neuen Regelungen um ein Jahr verschoben werden, damit ausreichend Zeit für die Einrichtung der Studiengänge an den Universitäten bleibe.
  • Am 30. April begründet die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung ihre Zustimmung oder ihre Ablehnung hinsichtlich der einzelnen vom Bundesrat eingebrachten Positionen und kündigt die Prüfung verschiedener Vorschläge an.
  • Am 9. Mai berät der Bundestag in erster Lesung über den Gesetzentwurf zur Reform der Psychotherapeutenausbildung und überweist den Entwurf und die Anträge der Opposition zur federführenden Beratung an den Gesundheitsausschuss.

Wie geht es weiter?

  • Für den 27. Juni 2019 ist die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfes im Deutschen Bundestag avisiert.
  • Am 20. September 2019 soll der Bundesrat zu seiner zweiten Beratung zusammenkommen.
  • Nach den Plänen des BMG soll das Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung noch in der zweiten Jahreshälfte verabschiedet werden.
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