Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung verabschiedet

Am 26. September hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung (Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz – PsychThGAusbRefG) verabschiedet. Das Reformgesetz bedarf nun noch der Zustimmung des Bundesrates. Die Regelungen zur neuen Psychotherapeutenausbildung einschließlich der begleitenden Regelungen im SGB V werden voraussichtlich am 1. September 2020 in Kraft treten. Weitere Vorschriften, beispielsweise die Ermächtigungsgrundlage für die noch zu entwickelnde Approbationsordnung, treten teilweise vorzeitig am Tag nach Verkündung oder zum 1. Januar 2020 in Kraft. Der neue Studiengang „Psychotherapie“ soll zum Wintersemester 2020 erstmals angeboten werden.

Zukünftig ein Direktstudium

Dem neuen Gesetz zufolge absolvieren angehende Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten künftig ein fünfjähriges Universitätsstudium, das mit einem Masterabschluss endet und bundeseinheitliche Studieninhalte und -strukturen sicherstellt. Das Studium vermittelt die psychotherapeutischen Kompetenzen, die grundlegend zur Behandlung von Patientinnen und Patienten aller Altersstufen befähigen, und schließt mit einer staatlichen psychotherapeutischen Prüfung ab. Auf der Grundlage ihrer im Studium erworbenen praktischen und theoretischen Qualifikationen können die angehenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im Anschluss daran die Approbation erhalten. Mit dieser verfügen sie über die staatliche Erlaubnis, den Heilberuf Psychotherapeut auszuüben.

Im Anschluss an das Studium absolvieren Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten künftig eine Weiterbildung, in der sie sich für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen oder Erwachsenen sowie in einem Psychotherapieverfahren spezialisieren. Die erfolgreich abgeschlossene Weiterbildung eröffnet ihnen den Zugang zum Versorgungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung. Die einheitliche Berufsbezeichnung lautet nach neuem Recht „Psychotherapeutin“ bzw. „Psychotherapeut“.

Tarifgehalt in der stationären Weiterbildung

Anders als heute werden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten während ihrer stationären Weiterbildung künftig in Anstellung ein Tarifgehalt beziehen können. Verbesserungen konnten auch für die Übergangszeit erreicht werden, in der angehende Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ihre bereits begonnene Ausbildung abschließen: Zukünftig erhalten sie während des Psychiatriejahrs eine Praktikumsvergütung von mindestens 1.000 Euro monatlich.

PTK NRW begrüßt das Reformgesetz …

Die Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) begrüßt das Reformgesetz. „Die Reform beendet den Sonderweg der bisherigen Psychotherapeutenausbildung und schafft mit einem Approbationsstudium mit anschließender Weiterbildung eine moderne Ausbildung zu einem akademischen Heilberuf“, sagt Gerd Höhner, Präsident der Psychotherapeutenkammer NRW. „Insgesamt wird die zukünftige Qualifizierung besser als bisher die Breite der Versorgungsaufgaben abdecken, die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten heute bereits eigenverantwortlich und erfolgreich übernehmen.“ Der parlamentarische Beratungsprozess zu dem neuen Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung, begann mit der Vorlage des Referentenentwurfs des Bundesgesundheitsministerium (BMG) am 3. Januar 2019. Er wurde aus der Ärzteschaft heraus teilweise scharf kritisiert. Die PTK NRW hat in diesem Prozess deutlichen Änderungsbedarf eingebracht. Vornehmlich bei der Definition der Heilkunde, der Finanzierungslücke in der Weiterbildung und der Gestaltung von Übergangsregelungen hatte die PTK NRW Nachbesserungen gefordert.

… sieht aber auch Mängel

Einige der von der Psychotherapeutenschaft angemahnten Defizite sind in dem nun verabschiedeten Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung nicht ausgeräumt. „Die ambulante Weiterbildung ist weiterhin nicht ausreichend finanziert“, hält Gerd Höhner fest. „Ausbildungsanteile wie Supervision, Selbsterfahrung und Theorievermittlung sowie ein Gehalt wie im Krankenhaus lassen sich mit den neuen Regelungen zur Vergütung der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung nicht ausreichend finanzieren.“ Ebenfalls nicht geregelt wurde mit dem neuen Gesetz, wie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) und nach bisherigem Recht ausgebildete Psychologische Psychotherapeutinnen/Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen/Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten Übergangsregelungen zum neuen System nutzen können. „Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass die im Rahmen der Gesetzgebung möglichen Spielräume sinnvoll und zukunftsorientiert ausgelotet werden“, betont der Präsident der PTK NRW. „Eine große Aufgabe wird nun sein, die auf Landesebene zu organisierende Weiterbildung so auszugestalten, dass wir zu einem bestmöglichen Ergebnis und bundesweit zu möglichst einheitlichen Regelungen gelangen.“

Wesentliche Regelungen zur neuen Psychotherapeutenausbildung

In ihrem Newsletter Ausgabe 3/2019 hatte die PTK NRW das geplante Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung ebenfalls thematisiert, dort jedoch bedingt durch den Redaktionsschluss teilweise abweichend von den nun aktuell verabschiedeten Regelungen berichtet.

Nach Angaben des Bundesministeriums lassen sich die wesentlichen Regelungen zur neuen Psychotherapeutenausbildung wie folgt zusammenfassen:

  • Psychotherapie soll ein eigenständiges universitäres Studienfach werden.
  • Das Studium gliedert sich in ein 3-jähriges Bachelor- und ein 2-jähriges Masterstudium. Als Voraussetzung für die Erteilung der Approbation schließt sich die staatliche psychotherapeutische Prüfung an („Staatsexamen“).
  • Bei bestandener Prüfung wird die Approbation (Erlaubnis zur Behandlung) erteilt.
  • Die neue Berufsbezeichnung lautet „Psychotherapeutin“ oder „Psychotherapeut“.
  • Der neue Studiengang soll zum Wintersemester 2020 erstmals angeboten werden.
  • An das Studium schließt sich eine nach Landesrecht zu organisierende Weiterbildung in stationären und ambulanten Einrichtungen an.
  • Ein fester Anteil der Vergütung, die die Krankenkassen durch die künftigen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung („PiWs“) erbrachten ambulanten Krankenbehandlungen an die Weiterbildungsstätten zahlen, ist an diese weiterzugeben. Die gleiche Regelung gilt für angehende Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die ihre Ausbildung noch nach dem bisherigen System angefangen haben („PiAs“).
  • Mit der neuen Aus- und Weiterbildungsstruktur werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die künftigen PiWs im Krankenhaus angestellt und entsprechend entlohnt werden. In psychiatrischen klinischen Einrichtungen erhalten PiAs künftig eine Mindestvergütung von 1.000 Euro monatlich während der praktischen Tätigkeit (Vollzeit). Die Mindestvergütung wird durch die Krankenkassen refinanziert.
  • Mit Abschluss der Weiterbildung sind die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten berechtigt, sich ins Arztregister eintragen zu lassen und können für die Versorgung im System der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen werden.

Verbesserungen der psychotherapeutischen Versorgung:

  • Für psychisch schwerkranke Menschen wird ein neues Versorgungsangebot geschaffen. Dazu sollen sich die an der Versorgung mitwirkenden Berufsgruppen, wie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Psychiaterinnen und Psychiater, Hausärztinnen und Hausärzte sowie weitere ggf. erforderliche Versorgungsbereiche wie z.B. Soziotherapie, Ergotherapie oder häusliche Krankenpflege miteinander vernetzen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) wird die Einzelheiten in einer eigenständigen Richtlinie bis zum 31. Dezember 2020 festlegen.
  • Der Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung soll erleichtert werden: Probatorische Sitzungen niedergelassener Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sollen bereits frühzeitig in den Räumen des Krankenhauses stattfinden können.
  • Für die Teilnahme an Gruppentherapien wird künftig kein Gutachten mehr nötig sein. Dadurch wird der Zugang erleichtert.
  • Um Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit vollem Versorgungsauftrag einen Anreiz zu geben, mehr Therapieplätze anzubieten, wird ein Vergütungszuschlag eingeführt.
  • Zudem werden die Krankenversicherungen (GKV und PKV) verpflichtet, einen Beitrag zur Finanzierung der ambulanten psychosozialen Krebsberatungsstellen zu leisten.


Dem Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Reform der Psychotherapeutenausbildung“ stimmten in der vom Gesundheitsausschuss geänderten Fassung CDU/CSU und SPD zu, Die Linke votierte dagegen, AfD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich.

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