Gesundheitsfonds: Depressionen sind im Morbi-RSA eine Kategorie

KBV informiert grob falsch und ohne Fachkenntnis

Berlin, 6. Mai 2009: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) informiert zum Gesundheitsfonds grob falsch. „Es ist verwunderlich, dass die KBV die für die Versorgung so zentralen Mechanismen des Morbi-RSA offensichtlich missversteht“, sagte Prof. Dr. Rainer Richter, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK).

KBV-Chef Andreas Köhler sprach sich gestern gegen Manipulationen beim Gesundheitsfonds aus und warnte insbesondere vor missbräuchlich falschen Diagnosen bei Depressionen. Krankenkassen, die Ärzte dazu motivieren, „Depressionen“ als „depressive Verstimmungen“ zu diagnostizieren, könnten mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds erhalten, erklärte Köhler. Richtig ist, dass der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) nur eine einzige Kategorie kennt, die sowohl leichte als auch schwere Depressionen umfasst (HMG 058: „Depression und wahnhafte Störungen“). Unabhängig davon, wie schwer eine Depression ist, erhalten die Krankenkassen immer denselben Zuschlag. Dieser Zuschlag beträgt exakt 73,0668 Euro je Monat. Im Jahr erhalten Krankenkassen für die Behandlung eines depressiv kranken Patienten 876 Euro extra. „Wie die KBV auf Zuschläge von 1.000 oder 1.900 Euro kommt, ist fachlich nicht nachvollziehbar“, bemerkt Richter.

„Depressive Verstimmung“ gehört nicht zu den ICD-10-Diagnosen. Sie ist nur eines von mehreren Kriterien, anhand dessen ein Arzt oder Psychotherapeut eine „Depression“ erkennen kann. Eine „depressive Verstimmung“ reicht also nicht aus, um eine Depression zu diagnostizieren. „Wer eine depressive Verstimmung nicht von einer Depression unterscheiden kann, zeigt, dass er von psychischen Krankheiten nichts versteht“, kritisierte Richter. Im Übrigen sei nach aktuellen Leitlinien Psychotherapie bei allen Schweregraden der Depression indiziert.

Schließlich warnte die KBV davor, „lebenslang mit der Diagnose Depression herumzulaufen“. Viele private Krankenversicherungen seien bei einer solchen Vorerkrankung nicht mehr bereit, einem Versicherten einen Vertrag anzubieten. Richtig ist, dass die privaten Krankenversicherungen seit dem 1. Januar jedem Antragsteller den PKV-Basistarif anbieten müssen, auch wenn er psychisch erkrankt war. Der PKV-Basistarif ist eine Leistung, die die privaten Krankenversicherungen jedem ohne Gesundheitsprüfung oder Risikozuschläge anbieten müssen. „Was mich jedoch weit mehr wundert ist, dass ein Ärztefunktionär davor warnt, mit einer Krankheit zum Arzt zu gehen“, sagt der BPtK-Präsident. „Dann müsste zukünftig auch davor gewarnt werden, ein Leben lang mit der Diagnose Diabetes herumzulaufen, denn es bestünde sonst das Risiko, dass eine private Krankenversicherung das gesamte Stoffwechselsystem eines Versicherten aus ihrem Vertragsangebot ausschließt, jedenfalls wenn der Versicherte nicht den PKV-Basistarif wählt.“

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