Kammerversammlung am 28. April 2018 in Dortmund

Auf der 9. Sitzung der 4. Kammerversammlung am 28. April 2018 in Dortmund diskutierten die Kammerversammlungsmitglieder über die Aufgaben bei der weiteren Umsetzung der Reform der Psychotherapeutenausbildung sowie die Überlegung, die Weiterbildungsordnung der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) um den Bereich „Spezielle Psychotherapie bei Diabetes“ zu erweitern.

Versorgung älterer Menschen verbessern

In seinen mündlichen Ausführungen zum schriftlichen Bericht des Vorstandes betonte Kammerpräsident Gerd Höhner  die Bedeutung des von der Landesgesundheitskonferenz NRW (LGK NRW) für 2018 gewählten Schwerpunktes „Versorgung älterer Menschen“. Nur mit 8.000 neuen Stellen, die im Pflegebereich geschaffen werden sollen, werde man die bestehenden Probleme nicht lösen, betonte er. „Abgesehen von der Frage, wer die Stellen besetzen soll, müssen wir den Beschäftigten fachliche Kompetenzen an die Hand geben – für die Pflege, aber auch für das Management und die fachliche Weiterentwicklung der Heime und den Umgang mit den psychischen Belastungen der Mitarbeiter.“ Diese seien in Pflegeberufen besonders hoch. „Wir müssen zudem die Bedarfe älterer Menschen deutlich machen und über in der Regel ausschließlich medikamentöse Versorgung hinausdenken“, forderte Gerd Höhner. „Positiv ist, dass unsere Profession mittlerweile gefragt wird, welche psychotherapeutischen Angebote sich für Ältere eignen. Die Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW ist in diesem Punkt weiterhin sehr gut.“ In der LGK NRW sind Vorstandsmitglieder an den Arbeitsgruppen „Demenz“ und „Versorgung älterer Menschen“ beteiligt.

Kommission „Psychotherapie bei Intelligenzminderung“ einberufen

Viel Zustimmung fand die Nachricht, dass die PTK NRW eine Kommission zur psychotherapeutischen Versorgung von Menschen mit Intelligenzminderung einberufen hat. Eine zentrale Frage auf der Agenda der Kommission sei, wie sich die Rahmenbedingungen der psychotherapeutischen Versorgung so anpassen lassen, dass die besonderen Ansprüche von Menschen mit Intelligenzminderung berücksichtigt und sie angemessen behandelt werden können. „Aktuell können wir dem großen psychotherapeutischen Behandlungsbedarf in diesem Bereich weder ambulant noch durch Einbezug der Heime nachkommen – nicht aus fachlicher Sicht, sondern weil diese Arbeit schlichtweg nicht finanziert wird“, kritisierte Gerd Höhner. Die Kommission erstelle derzeit ein Arbeitspapier, auf dessen Grundlage man das Gespräch mit den Krankenkassen suchen wolle.

Informationen zu der Einführung einer Telematikinfrastruktur in Deutschland trug Vorstandsmitglied Barbara Lubisch  vor. Als Datenautobahn für das Gesundheitswesen soll die Telematikinfrastruktur alle Akteure miteinander vernetzen. „Trotz vieler Probleme bei der Umsetzung sieht es weiterhin so aus, als ob die Telematikintrastruktur umgesetzt wird, wenn auch mit Verzögerung“, so Barbara Lubisch. „Unsere Profession sollte sich aus den absehbaren Verfahren und Regelungen nicht von vorneherein ausschließen, auch wenn viele Fragen noch ungeklärt sind. Wenn wir in das Gesundheitssystem eingebunden sein wollen, müssen wir schauen, welche Anwendungen wir am ehesten mittragen können, welche wir ablehnen – und darüber diskutieren.“ Für bedenklich erachte sie die geplante Aggregation von Patientendaten auf der elektronischen Patientenakte (ePatientenakte). Allerdings sollten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auch hier nicht außen vor bleiben. „Noch ist vieles ungeklärt. Das heißt aber gleichzeitig, dass es Gestaltungsmöglichkeiten gibt“, betonte Barbara Lubisch. „Das sollten wir nutzen und überlegen, welche fachlichen Aspekte wir aus unserer Sicht in die Diskussion einbringen können und welche Grenzen der Digitalisierung wir anmahnen wollen.“ In der Diskussion wurde ein erheblicher Klärungsbedarf deutlich.

Aufgaben in der Weiterbildung nach der Reform der Psychotherapeutenausbildung

Welche Regelungsanforderungen hinsichtlich der Weiterbildung kommen nach der Reform der Psychotherapeutenausbildung auf die Kammer zu? Mit dieser Frage hat sich der Ausschuss „Reform der Psychotherapeutenausbildung/Zukunft des Berufes“ der PTK NRW befasst. Ausschussvorsitzender Dr. Jürgen Tripp  skizzierte auf der Kammerversammlung die Grundlagen aus dem nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetz und die Überlegungen aus dem Gesamtkonzept der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) zur Ausbildungsreform. Als zentrale Aufgaben der Kammer stellte er die Mitarbeit an einer Musterweiterbildungsordnung und die übergeordnete Steuerung der Weiterbildung heraus.

In der Beratung wurde mehrfach betont, dass die Fragen der erforderlichen Kapazitäten in der Weiterbildung derzeit noch offen seien. Es sei derzeit noch unklar, anhand welcher Parameter hier Bedarfe ermittelt und festgelegt werden sollen. Nachdrücklich wurde darauf hingewiesen, dass die Verfahrensvielfalt in der Weiterbildung berücksichtigt werden müsse. Schließlich wurde mehrfach betont, dass für das Gelingen der Reform die Sicherstellung der Finanzierung der Weiterbildung entscheidend sei. Gerd Höhner fügte an, dass die Profession diese Forderungen mit Nachdruck und immer wieder betonten müsste. „Gerade nach den Personalwechseln im Gesundheitsministerium müssen die Kontakte gepflegt und Gespräche erneut geführt werden. Es gibt keinen Selbstlauf."

Situation der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung verbessern

Die Vertreterinnen der Psychotherapeuten in Ausbildung nutzten als Gäste in der Kammerversammlung ihr Rederecht, um auf die notwendige Verbesserung bei der Bezahlung und Betreuung der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung hinzuweisen. Der Vorstand bekräftigte, dass die PTK NRW sich hierfür intensiv einsetze, Prozesse dieser Art jedoch langwierig seien. Trotz der naturgemäß sehr unterschiedlichen Positionen und entsprechend zäher Annäherungsprozesse der Beteiligten sei in den letzten zehn Jahren schon viel erreicht worden.

Zur Umsetzung der Reform der Psychotherapeutenausbildung verabschiedete die Kammerversammlung eine Resolution, in der sie ihre inhaltlichen Forderungen an die zügige Weiterführung zusammenfasst.

Spezielle Psychotherapie bei Diabetes

Intensiv beschäftigte sich die Kammerversammlung mit der Frage, ob die Weiterbildungsordnung der PTK NRW um den Bereich „Spezielle Psychotherapie bei Diabetes“ erweitert werden soll. Anni Michelmann,  Vorsitzende des Ausschusses „Fort- und Weiterbildung“, informierte über die Versorgungssituation bei Diabetes und die speziellen Bedarfe der Betroffenen. Sie hielt fest, dass die medizinischen Fachgesellschaften eine psychotherapeutische Unterstützung bei Diabetes für erforderlich halten. Da derzeit das Interesse von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, sich in diesem Bereich weiterzubilden, nicht einzuschätzen sei, empfehle der Ausschuss, zunächst niedrigschwellige Angebote wie einen Fachtag und Fortbildungen umzusetzen.

In der Beratung sprachen sich mehrere Kammerversammlungsmitglieder dafür aus, die spezielle Psychotherapie bei Diabetes in die Weiterbildungsordnung der PTK NRW aufzunehmen. Die Qualifikation sei nötig, um die psychischen Prozesse bei Diabeteserkrankungen zu verstehen und beurteilen zu können. Hingewiesen wurde auch auf die Voraussetzung, dass nur über eine Weiterbildung eine Sonderzulassung erreicht werden könne. Für Neuapprobierte könne dies eine Gelegenheit sein, sich ein Berufsfeld zu erschließen. Einige Kammerversammlungsmitglieder sprachen sich aber dafür aus, zunächst ein niedrigschwelliges Angebot umzusetzen, um den Blick der Kolleginnen und Kollegen auf diesen Bereich zu lenken.

„Die Frage, ob unsere Kolleginnen und Kollegen Interesse an einer solchen Fortbildung haben, ist wichtig, aber nicht entscheidend“, positionierte sich Gerd Höhner für den Vorstand. „In Deutschland leben mehr als sechs Millionen Menschen mit Diabetes und es gibt einen erheblichen psychotherapeutischen Versorgungsbedarf. Wenn wir jetzt nicht ein Arbeitsinteresse entwickeln, wird man uns in einigen Jahren fragen: Warum habt ihr keine Weiterbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geschaffen?“ In der Kammerversammlung sicherte er zu, dass der Vorstand das Thema verfolgen und einen Fachtag zur Psychotherapie bei Diabetes durchführen werde.

Evaluation der Psychotherapie-Richtlinie

Über die Ergebnisse der Evaluation der zum April 2017 geänderten Psychotherapie-Richtlinie informierte Barbara Lubisch. Die Studie war von der BPtK und den Landespsychotherapeutenkammern in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt worden, um frühzeitig Umsetzungsprobleme in der Praxis und Versorgungsdefizite identifizieren und Hinweise auf einen eventuellen Nachsteuerungsbedarf gewinnen zu können. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) plant die Evaluation der reformierten Psychotherapie-Richtlinie erst nach fünf Jahren.

Die „Wartezeitenstudie“ zeige, dass sich die Wartezeiten auf ein Erstgespräch reduziert haben, die psychotherapeutische Sprechstunde gut angenommen wird und chronisch Kranke und sozial Benachteiligte eher in die Praxis kommen, fasste Barbara Lubisch zusammen. Allerdings seien die Wartezeiten auf eine Richtlinientherapie weiterhin überall zu lang – insbesondere außerhalb der Großstädte und im Ruhrgebiet. Die BPtK fordere daher eine grundlegende Reform der Bedarfsplanung, mit der die Wartezeit auf die Sprechstunde auf höchstens vier Wochen verringert und im Anschluss eine lückenlose Versorgung sichergestellt werden kann. Zu den Studienergebnissen und der Versorgungssituation in Nordrhein-Westfalen habe die Kammer viele Medienanfragen erhalten und diverse Formate hätten versiert berichtet, fügte Gerd Höhner an. „Psychotherapeutische Arbeit erfährt mittlerweile eine hohe Anerkennung und wir sind als Fachleute gefragt. Dieser veränderte Grundton ist ein großer Gewinn.“

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