Mehr professionelle Familienberatung – Zur Ausstrahlung der RTL-Serie „Erwachsen auf Probe“

Eltern brauchen mehr professionelle Familienberatung statt TV-Experimente wie die heute ausgestrahlte RTL-Doku-Soap „Erwachsen auf Probe“, in der Säuglinge als Versuchskaninchen benutzt werden.

„Nordrhein-Westfalen ist mit dem Ausbau von Familienzentren konzeptionell auf einem guten Weg“, stellt Monika Konitzer, Präsidentin der Psychotherapeutenkammer NRW, fest. „Es fehlen jedoch die finanziellen Ressourcen, damit Familien auch tatsächlich mehr professionelle Unterstützung erhalten.“ Erneut forderte die Kammerpräsidentin, die Babylücke im Jugendarbeitsschutzgesetz zu schließen. „Es kann nicht so bleiben, dass drei- bis sechsjährige Kinder einen besseren Schutz bei Film- und Fernsehaufnahmen haben, als Säuglinge und Kleinstkinder.“

Das Land NRW hat seine Zuschüsse insbesondere für kommunale Erziehungsberatung in den letzten Jahren deutlich gekürzt. Für 2009 war eine bessere Landesförderung angekündigt, insbesondere weil der Ausbau von Kitas zu Familienzentren einen weit stärkeren Einsatz von Erziehungsberatung vorsieht. Dagegen fehlen die finanziellen Mittel z.B. für die „Modellregion für Erziehung“ in Recklinghausen. In diesem bundesweit einmaligen Präventionsprogramm zur Gewaltprävention sollen Eltern in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt werden. „In diesem Projekt erhalten Familien Kurs- und Beratungsangebote, die wissenschaftlich überprüft und nachweislich wirksam sind“, erklärt die Kammerpräsidentin.

NRW betreibt seit 2006 den Ausbau von Kitas zu Familienzentren, die Kinder und Familien auch beraten und unterstützen. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit der Kitas mit den Erziehungsberatungsstellen vorgesehen. Schon jetzt sind die rund 250 Erziehungsberatungsstellen in NRW aber komplett ausgelastet. Ein wissenschaftlicher Zwischenbericht über den Aufbau der ersten 1.000 Familienzentren warnt bereits vor langen Wartezeiten und nicht ausreichend intensiven Beratungen (pädquis, 2008). Die Zahl der Familienzentren soll sich bis 2012 jedoch noch verdreifachen. „Dafür reichen die personellen Ressourcen der Beratungsstellen nicht aus“, kritisiert die Präsidentin der nordrhein-westfälischen Psychotherapeuten. „Außerdem brauchen Eltern, die eine Sprechstunde der Erziehungsberatung in einer Kita nutzen, häufig weitere Unterstützung. „Der Bedarf an individueller Familienberatung wird weiter steigen“, sagt Konitzer voraus. „Wir sollten die Familien nicht auf missratene TV-Doku-Soaps verweisen.“

Die Psychotherapeutenkammer NRW hatte bereits gefordert, die Babylücke im Jugendarbeitsschutzgesetz zu schließen. Das Jugendarbeitsschutzgesetz regelt bisher nur die Mitwirkung von Kindern ab drei Jahren. Eine Beschäftigung von Kindern unter drei Jahren ist zwar grundsätzlich verboten, doch Film- und Fernsehaufnahmen sind trotzdem gang und gäbe, weil Kinder dabei nicht „weisungsabhängig“ tätig sind. „Säuglinge brauchen deshalb einen grundlegenden Schutz ihrer Person und Gesundheit bei TV- und Filmproduktionen“, fordert die Präsidentin der nordrhein-westfälischen Psychotherapeuten. Deshalb sollten im Kinderschutzgesetz gesetzliche Regelungen geschaffen werden, die Kinder bis zu drei Jahren vor Big-Brother-Experimenten schützen.

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