Reger Austausch auf der Regionalversammlung für den Regierungsbezirk Detmold am 9. Juli 2025
Der Vorstand der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen bietet den Kammerangehörigen in den Regierungsbezirken mit dem Format der Regionalversammlungen ein Forum für Information und Austausch. Am 9. Juli 2025 waren 72 Interessierte zur Regionalversammlung in Bielefeld für den Regierungsbezirk Detmold gekommen. Für den Vorstand nahmen Kammerpräsident Andres Pichler und die Vorstandsmitglieder Elisabeth Dallüge, Oliver Kunz, Bettina Meisel und Georg Schäfer teil.
Andreas Pichler begrüßte die Teilnehmenden und stellte die Vorstandsmitglieder und die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle vor, die die Veranstaltung begleiteten. Ziel der Regionalversammlungen sei, zentrale berufspolitische Themen gemeinsam zu diskutieren, betonte er. Der Vorstand werde einführend zu ausgewählten Schwerpunkten informieren und seine Position darstellen. Im Austausch dazu seien die Kammerangehörigen ausdrücklich aufgerufen, sich einzubringen. Ihre Rückmeldungen seien wertvoll für die Arbeit im Vorstand und die Gespräche mit der Politik.
„Versorgungsplanung der Realität anpassen“
Im ersten Themenblock ging Andreas Pichler auf Aspekte der Versorgungsplanung ein. Der Vorstand registriere eine anhaltend hohe Nachfrage nach Psychotherapie. Sie könne weder ambulant noch stationär ausreichend beantwortet werden. Auch der Übergang von der stationären Versorgung in eine ambulante Anschlussbehandlung funktioniere oft nicht reibungslos. Die Kammerangehörigen bestätigten dies für den Regierungsbezirk Detmold. Anhand von Beispielen aus ihrem Berufsalltag bestätigten sie lange Wartezeiten im ambulanten Bereich und Schwierigkeiten bezüglich einer zeitnahen stationären Versorgung und beim Entlassmanagement. Andreas Pichler unterstrich, dass der Vorstand den entsprechenden Ansprechpersonen aufzeige, dass die Versorgungsplanung einer Realität mit hohen Bedarfen angepasst werden müsse. Mehr Kapazitäten im bestehenden System ließe sich unter anderem über eine Anpassung der Verhältniszahlen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und höhere Obergrenzen beim Jobsharing in der Niederlassung erreichen.
Zur Patientensteuerung überleitend konstatierte der Kammerpräsident, dass die im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien auf Bundesebene festgehaltene Idee für ein Primärarztsystem in der ambulanten Versorgung neue Diskussionen bei einem altbekannten Thema entfache. Für den Vorstand stünde außer Zweifel, dass der niedrigschwellige Direktzugang in die psychotherapeutische Praxis erhalten werden müsse. Weitere Ideen des Gesetzgebers zur Steuerung von Patientinnen und Patienten werde die Kammer ebenso kritisch begleiten. In der Diskussion berichteten Teilnehmende von ihren Erfahrungen bei der Steuerung von Patientinnen und Patienten und mit der psychotherapeutischen Sprechstunde. Dabei wurde deutlich, dass im ersten Kontaktgespräch und über die psychotherapeutische Sprechstunde bereits eine Steuerung stattfindet.
„Möglichkeiten der Psychotherapie in Anstellung ausloten“
Elisabeth Dallüge skizzierte Aspekte der psychotherapeutischen Tätigkeit in Anstellung. Sie habe seit einiger Zeit spürbar an Bedeutung zugenommen; auch in der Kammerversammlung seien mittlerweile mehr angestellte Kolleginnen und Kollegen engagiert. Gleichermaßen sei ihre nach wie vor unzureichend geklärte Rolle insbesondere im stationären Bereich weiterhin ein herausforderndes Thema. Nicht selten seien die strukturellen Rahmenbedingungen ein Grund, warum engagierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ein Angestelltenverhältnis beenden. Ihre Arbeit in diesem Versorgungsbereich müsse in jeder Hinsicht gewertschätzt werden, unterstrich Elisabeth Dallüge. Dazu gehöre u. a., dass ihnen ihrer Qualifikation angemessene Entwicklungsmöglichkeiten und die Chance auf Verantwortungsübernahme offenstehen.
In der Gesprächsrunde hierzu schilderten Teilnehmende ihre Erfahrungen mit den Strukturen und ihrer Tätigkeit im Angestelltenbereich. Elisabeth Dallüge empfahl, in Einstellungs- und Personalgesprächen die bestehenden Möglichkeiten auszuloten. Es gäbe oft Spielräume. Eine neue Chance liege in der Weiterbildung, fügte sie hinzu. Wer die Weiterbildungsbefugnis erlange, übernehme eine neue Aufgabe, deren Rahmenbedingungen verhandelbar seien. Ihren Vortragsteil abschließend stellte sie die Angebote der Kammer für angestellte Mitglieder vor und regte die Teilnehmenden an, sich kollegial zu vernetzen und berufspolitisch aktiv zu werden. Gemeinsam ließe sich mehr erreichen.
„Qualitätssicherungsverfahren aus der Richtlinie streichen“
Georg Schäfer informierte zum Testlauf des Qualitätssicherungsverfahrens (QS-Verfahren) zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter in Nordrhein-Westfalen . Er beschrieb zunächst die Grundlagen des vom Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) entwickelten Verfahrens. Auf Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) werde es derzeit vor einer bundesweiten Einführung in Nordrhein-Westfalen erprobt. Die Profession kritisiere das QS-Verfahren stark, berichtete Georg Schäfer. Es seien viele Ungereimtheiten und ungelöste Probleme erkennbar. Anhand von Beispielen zeigte er auf, inwiefern sich auf diese Weise die Qualität der Versorgung weder darstellen noch verbessern ließe. Im Gegenteil seien negative Auswirkungen auf die Versorgung zu befürchten, etwa wenn anhand der Ergebnisse ein öffentlich zugängliches Praxisranking erstellt werden soll. Auch der hohe Bürokratieaufwand sei nicht tolerabel. Nicht zuletzt wende sich der Vorstand entschieden dagegen, dass Praxen in Nordrhein-Westfalen zur Teilnahme an der Erprobung verpflichtet werden, ohne dass angemessene Vergütungsregelungen für den Mehraufwand gefunden wurden.
Abschließend stellte Georg Schäfer die Initiativen der Kammer zum QS-Verfahren vor und wies auf eine Reihe von Resolutionen der Kammerversammlung hierzu hin. Der Vorstand nutze jede Gelegenheit, die politisch Verantwortlichen auf die Unsinnigkeit und das Bürokratieausmaß des Verfahrens hinzuweisen. Erklärtes Ziel der Kammer sei, dass es noch während der Erprobung aus der Richtlinie zur datengestützten einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung (DeQS-RL) gestrichen werde. In der Diskussion wurde die Kritik am QS-Verfahren bestätigt und Fragen zur Erprobung erörtert. Für die Position des Vorstandes fand sich große Zustimmung.
„Die Weiterbildung muss anlaufen“
Bettina Meisel informierte zur Umsetzung der Weiterbildungsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen (WBO PT). Sie erinnerte daran, dass das neue System unter anderem geschaffen wurde, um die prekäre finanzielle Situation von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung (PiA) zu beenden. Umso unverständlicher sei, dass der Gesetzgeber die Finanzierung der neuen Weiterbildung bislang nicht ausreichend geregelt habe. Die Profession befinde sich damit in einem Dilemma: Die Finanzierung sei nicht ausreichend, dennoch müsse die Weiterbildung ins Rollen kommen. Neuapprobierte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bräuchten eine Perspektive, betonte Bettina Meisel. Auch für die zukünftige Versorgung sei es wichtig, jetzt zu starten. Bei Interesse an der Zulassung als Weiterbildungsstätte oder daran, die Weiterbildungsbefugnis zu erlangen, sollte daher jetzt der Antrag bei der Kammer gestellt werden, motivierte sie. Die Profession müsse ihren Willen zeigen, die Weiterbildung umzusetzen. Gleichzeitig gelte es, zur Finanzierungsfrage den Druck auf die Politik aufrechtzuerhalten.
Im Austausch hierzu benannten Teilnehmende weitere Herausforderungen bei der Umsetzung der Weiterbildung, wie sie sich beispielsweise für die neuropsychologische Therapie ergeben würden. Insgesamt bestätigte die intensive Diskussion die vom Vorstand vorgetragene Dringlichkeit, jetzt zu handeln, alle Beteiligten einzubinden und laut zu bleiben.
„Wertvolle Beiträge für die Kammerarbeit“
Abschließend versicherte Andreas Pichler, dass die Kammer bei den diskutierten Schwerpunkten ihre Verantwortung sehe und zu diesen und vielen weiteren Aspekten der psychotherapeutischen Berufstätigkeit aktiv sei. Den Teilnehmenden dankte er für ihre rege Beteiligung und die wertvollen Rückmeldungen.