Stellungnahme der Ruhr-Universität Bochum zum HTA-Bericht „Depressionen bei Kindern und Jugendlichen: Führt Psychotherapie im Vergleich zu anderen Therapien zu besseren Ergebnissen?“

Zum 31. Januar 2022 veröffentlichte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) den Health-Technology-Assessment (HTA)-Bericht „Depressionen bei Kindern und Jugendlichen: Führt Psychotherapie im Vergleich zu anderen Therapien zu besseren Ergebnissen? (HT19-04) [PDF, 3,4 MB]. Für den Bericht wurden die Auswirkungen einer Psychotherapie auf patientenrelevante Endpunkte wie die Veränderung depressiver Symptome, das Suizidrisiko oder die gesundheitsbezogene Lebensqualität im Vergleich zu inaktiven Kontrollen (bspw. Warteliste, psychologisches Placebo) untersucht. Darüber hinaus war auch der Vergleich mit einer Therapie mit Antidepressiva oder Verfahren wie Sport oder Entspannungsübungen von Interesse. Das vom IQWiG für den Bericht beauftragte Wissenschaftlerteam bestand aus Methodikerinnen und Methodikern mit Erfahrung in der Erstellung von HTA-Berichten, Expertinnen und Experten mit Kenntnissen und Erfahrungen in der Bearbeitung gesundheitsökonomischer, ethischer, sozialer, rechtlicher und organisatorischer Fragen, einer Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und einem Psychologischen Psychotherapeuten.

Kritische Stellungnahme der Ruhr-Universität Bochum

Prof. Dr. Silvia Schneider, Direktorin des Forschungs- und Behandlungszentrums (FBZ) für psychische Gesundheit der Ruhr-Universität Bochum, und PD Dr. Christian Brettschneider vom Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf haben sich unter anderem nach Austausch mit dem Vorstand der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen kritisch mit dem HTA-Bericht „Depressionen bei Kindern und Jugendlichen: Führt Psychotherapie im Vergleich zu anderen Therapien zu besseren Ergebnissen?“ und den darin festgehaltenen Ergebnissen auseinandergesetzt. Dabei kommen sie zu der Einschätzung, dass der Bericht, obwohl methodisch den wissenschaftlichen Standards angemessen, in seiner Darstellung zu fehlgeleiteten Schlussfolgerungen führen kann. Vor diesem Hintergrund erläutern Prof. Dr. Silvia Schneider und PD Dr. Christian Brettschneider in einer gemeinsamen Stellungnahme ihre eigene Deutung der vom IQWiG präsentierten Fakten. Kernstück ihrer Kritik ist der Umstand, dass der HTA-Bericht in seinen Empfehlungen zwar indifferent bleibt, in seiner Darstellung jedoch nicht nachdrücklich genug dem Eindruck widerspricht, dass es sich bei der Therapie mit Antidepressiva (in den meisten Fällen: Fluoxetin) um einen nicht unterlegenen, aber weit günstigeren Behandlungsansatz handelt. Ebenso sehen Prof. Dr. Silvia Schneider und PD Dr. Christian Brettschneider ethische und soziale Aspekte in dem Bericht nicht ausreichend gewürdigt, um ein ganzheitliches Bild der Behandlungsvergleiche zu zeichnen. Ihre Kommentierung und Deutung können in ihrer Stellungnahme „Kritische Würdigung des HTA-Berichts HT19-04 „Depressionen bei Kindern und Jugendlichen: Führt Psychotherapie im Vergleich zu anderen Therapien zu besseren Ergebnissen?“ des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)“ [PDF, 714 KB]. nachgelesen werden.

Hintergrund: HTA-Berichte zur Bewertung medizinischer Verfahren und Technologien

Versicherte und andere interessierte Einzelpersonen können dem IQWiG Vorschläge für die Bewertung von medizinischen Verfahren und Technologien im Rahmen des „ThemenCheck Medizin“ nennen. Die Bewertung der vom IQWiG ausgewählten Themen gibt das Institut als sogenannten Health-Technology-Assessment (HTA)-Bericht heraus. Für diese Berichte sollen neben der Einschätzung des medizinischen Nutzens und der gesundheitsökonomischen Bedeutung auch ethische, soziale, rechtliche und organisatorische Aspekte einer Technologie untersucht werden. Das IQWiG beauftragt mit dieser Aufgabe externe Wissenschaftlerteams, die sich gemäß der Methodik des Instituts mit der jeweiligen Fragestellung befassen.

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