Vergütung psychotherapeutischer Leistungen: Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses in Kraft

Der Beschluss des 43. Erweiterten Bewertungsausschusses vom 22.09.2015 zur Vergütung psychotherapeutischer Leistungen wurde vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) nicht beanstandet und ist seit dem 03.12.2015 in Kraft. Was bedeutet das für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten?

Diverse Landeskammern und die Bundespsychotherapeutenkammer hatten in Stellungnahmen starke Bedenken gegen diesen Beschluss geäußert. Auch die Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) wandte sich mit einer Resolution am 31.10.2015 gegen seine Umsetzung. Der Vorstand der PTK NRW hatte sich zudem in einem Schreiben an die Rechtsaufsicht des BMG gewandt und um eine Beanstandung gebeten.

Da diese nicht erfolgt ist und der Beschluss damit rechtskräftig wurde, muss er von den in Nordrhein-Westfalen zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe nun umgesetzt werden. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe informierte hierzu auf Ihrer Homepage zuletzt am 17.12.2015 [externer Link], die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein am 28.01.2016 [externer Link].

In beiden Kassenärztlichen Vereinigungen erhalten allerdings nur diejenigen Leistungserbringer eine Nachvergütung, die in den betreffenden Quartalen Widerspruch eingelegt hatten – die PTK NRW hatte dies in ihren Stellungnahmen als kritisch angemerkt. Auch wenn es aus juristischer Sicht rechtens ist, erscheint es angesichts der gravierenden Auswirkung der neuen Struktur auf das Vergütungssystem insgesamt nicht angemessen. Der Vorstand der PTK NRW geht allerdings davon aus, dass seitens der psychotherapeutischen Berufsverbände Musterverfahren gegen diesen Beschluss angestrengt werden. Bitte informieren Sie sich hierzu bei den Verbänden selbst.

Was kann ich tun, wenn ich keine Widersprüche eingelegt habe?

Wird gegen einen mit einer entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Honorarbescheid kein Widerspruch eingelegt, wird er bestandskräftig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts besteht bei rechtswidrigen bestandskräftigen Bescheiden kein Anspruch gegen die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung auf Rücknahme des Bescheides (so zum Beispiel ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 22.06.2005, Az. B 6 KA 21/04 R). Die Kassenärztliche Vereinigung ist nicht verpflichtet, sondern lediglich nach eigenem Ermessen berechtigt, einen solchen bestandskräftigen Bescheid aufzuheben. Daher sind die Erfolgsaussichten bei einem Vorgehen gegen die Kassenärztliche Vereinigung wohl als gering einzustufen – soweit im Einzelfall keine atypischen Umstände wie beispielsweise eine fehlende Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid gegeben sind. Sollten Sie zu dieser Fragestellung eine juristische Beratung für Ihren Einzelfall wünschen, können Sie sich an einen Rechtsanwalt wenden. Die Rechtsanwaltskammern können Ihnen geeignete Fachanwälte für Medizinrecht oder Fachanwälte für Sozialrecht nennen.

Warum organisiert die Kammer keine Sammelklagen oder Widerspruchsverfahren?

Den Kammern sind auf dem Hintergrund ihres gesetzlichen Auftrags als Heilberufskammer, dem Sachlichkeitsgebot, der Orientierung am Gemeinwohl (Gesundheits-/Versorgungspolitik) und nicht zuletzt als Interessenvertretung für die Gesamtheit aller Kammermitglieder enge Grenzen für ihr Engagement von Partikularinteressen gesetzt: So wie eine Kammer nicht wie eine Gewerkschaft als Tarifpartner für Gehaltsverhandlungen vorgesehen ist, ist sie auch nicht als direkte Verhandlungspartnerin oder Interessenvertretung für honorarpolitische Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen vorgesehen. Diese letztere Aufgabe ist den Kassenärztlichen Vereinigungen vorbehalten. Innerhalb der Kassenärztlichen Vereinigungen werden die Interessen der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten von den gewählten Mitgliedern in der jeweiligen Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigungen vertreten.

Es bleibt daher für die Kammern die Möglichkeit, auf die Rechtswidrigkeit oder versorgungspolitische Implikationen von Beschlüssen und Gesetzen oder auf andere Entwicklungen aufmerksam zu machen. Dies haben der Vorstand der PTK NRW und die Vertreterversammlung der Kammer in ihren Stellungnahmen eindringlich wahrgenommen.

Uns ist bekannt, dass eine größere Anzahl psychotherapeutischer Mitglieder der Kassenärztlichen Vereinigungen bisher auf die Einlegung von Widersprüchen gegen Honorarbescheide verzichtet hat. Anscheinend ist dies mit der Erwartung verknüpft, auch ohne Einlegung eines Widerspruchs bei Nachvergütungen berücksichtigt zu werden.

Wir können jedoch nur nachdrücklich dazu raten, sich für zukünftige Honorarbescheide über das Widerspruchsverfahren bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung kundig zu machen. So ist am Ende eines Bescheides in der Regel eine Rechtsbehelfsbelehrung angefügt. Zudem informiert zum Thema „Widerspruch einlegen“ zum Beispiel die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein auf ihrer Homepage mit einem Eintrag vom 06.02.2014 [externer Link]. Eine Entscheidung über Ihr weiteres Vorgehen sollten Sie nach persönlicher Abwägung eines eventuellen Kostenrisikos und der Erfolgsaussichten treffen.

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