G-BA blockiert gesetzliche Reformen – Psychisch kranke Kinder bleiben vorerst unterversorgt

Psychisch kranke Kinder bleiben vorerst unterversorgt. Nach dem GKV-Organisationsweiterentwicklungsgesetz sollten sich seit 1. Januar 2009 in Nordrhein knapp 190 und in Westfalen Lippe knapp 100 Psychotherapeuten niederlassen können, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln.

Nach der heutigen Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) bleiben davon in Nordrhein vorerst nur 17 und in Westfalen-Lippe nur 2,5 Praxissitze übrig. Der G-BA setzt das Gesetz so um, dass sich nicht einmal zehn Prozent der vorgesehenen Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche niederlassen können. „Das ist ein versorgungspolitischer Skandal“, urteilt Monika Konitzer, Präsidentin der Psychotherapeutenkammer NRW. „Der G-BA konserviert die schlechte Versorgung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen. Der Gesetzgeber wollte sie erheblich verbessern.“

Seit dem 1. Januar 2009 ist gesetzlich vorgeschrieben, mindestens 20 Prozent der psychotherapeutischen Praxen mit Psychotherapeuten zu besetzen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Dadurch könnten bundesweit rund 700 Psychotherapeuten zusätzlich tätig werden. Bisher hat jedoch noch kein einziger Psychotherapeut aufgrund dieser gesetzlichen Vorschrift eine Zulassung bekommen. Der Grund dafür ist, dass der G-BA seit fast einem halben Jahr nicht in der Lage war, die notwendigen Umsetzungsvorschriften zu erlassen. Heute hat er endlich entschieden und dabei eine bürokratische Hürde kreiert, die die Ausschreibung neuer Praxissitze noch weiter verschleppt.

Der G-BA schuf eine zusätzliche Zehn-Prozent-Quote, die im Gesetz nicht vorgesehen ist. Danach werden zunächst nur zehn Prozent der Praxissitze für Psychotherapeuten reserviert, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Erst, wenn überall diese zehn Prozent erreicht sind, wird die Quote auf 20 Prozent erhöht. Praktisch führt dies dazu, dass sich kaum ein neuer Psychotherapeut für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie niederlassen kann. „Ich kann nicht nachvollziehen, wieso der G-BA diese zusätzliche Zehn-Prozent-Quote schafft, wenn das Gesetz eine 20-Pozent-Quote für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie vorschreibt“, stellt die Präsidentin der nordrhein-westfälischen Psychotherapeuten fest. „Damit blockiert der G-BA gesetzliche Reformen. Seine Aufgabe wäre es, sie schnell und pragmatisch umzusetzen.“

Die Entscheidung des G-BA führt außerdem dazu, dass sich die Behandlungsmöglichkeiten für psychisch kranke Kinder in Nordrhein und Westfalen-Lippe sehr unterschiedlich entwickeln werden. Der G-BA hat neben der Einführung einer 10-Prozent-Stufe festgelegt, dass Psychotherapeuten, die sowohl als Psychologischer Psychotherapeut als auch als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut zugelassen sind, grundsätzlich zur Hälfte als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut gewertet werden. Der Gesetzgeber hatte vorgesehen nur Psychotherapeuten zu zählen, die ausschließlich Kinder und Jugendliche behandeln. Solche Psychotherapeuten, die doppelt zugelassen sind gibt es jedoch nur in Westfalen-Lippe, nicht aber in Nordrhein. „Dadurch entstehen in Westfalen Lippe so gut wie keine neuen Behandlungsmöglichkeiten für psychisch kranke Kinder und Jugendliche“, kritisiert Präsidentin Konitzer. „In Westfalen-Lippe wird deshalb die Versorgung strukturell und dauerhaft schlechter sein als in Nordrhein.“

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