Großes Interesse am „Tag der Neuapprobierten“ am 30. April 2022

Der „Tag der Neuapprobierten“ der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen ist eine mittlerweile etablierte Informationsveranstaltung für neue Kammermitglieder. Sie vermittelt den in den Beruf startenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten Einblicke in die Aufgaben und Arbeitsfelder der Kammer und die Angebote des Versorgungswerkes der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen. Weitere Programmpunkte sind die Voraussetzungen und Bedingungen für die Zulassung als Psychotherapeutin bzw. Psychotherapeut im System der gesetzlichen Krankenversicherung und praxisnahe Hinweise für die berufliche Tätigkeit in unterschiedlichen Arbeitsfeldern. Am „Tag der Neuapprobierten“ am 30. April 2022 gratulierten Vorstandsmitglieder und Referenten den neuen Kammermitgliedern zu ihrer Approbation und luden sie ein, im Anschluss an die Fachvorträge Fragen zu stellen. Dem kamen viele der Teilnehmenden gerne nach. Mit rund 180 Anmeldungen fand der in diesem Frühjahr erneut digital umgesetzte Informationstag insgesamt großes Interesse.

Aufgaben der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen

Gerd Höhner, Präsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, begrüßte die neuen Kammerangehörigen, die zugeschalteten Vorstandsmitglieder, die Referenten und die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle. In seinem Vortrag stellte er die Kammer als berufliche Selbstverwaltung vor und beschrieb grundlegende Kammeraufgaben. Dazu würden unter anderem die Aufsicht über die Berufsausübung, die Organisation der beruflichen Fortbildung der Kammermitglieder und Aktivitäten im Rahmen gesundheitspolitischer Fragestellungen zählen. Ebenso sei die Organisation eines wirksamen Mitspracherechts für ihre Mitglieder eine der zentralen Verpflichtungen der Kammer. Im Weiteren ging Gerd Höhner auf die Perspektiven des Berufsstandes durch die Aus- und Weiterbildungsreform ein. Mit den neuen Regelungen für ein Approbationsstudium mit anschließender Weiterbildung habe man eine zukunftsfähige Struktur analog zum Werdegang von Ärztinnen und Ärzten geschaffen; viele Kompromisse und Mängel des bisherigen Systems seien damit ausgeräumt. Die Kammer sei derzeit intensiv mit der Umsetzung der Weiterbildung auf Landesebene befasst.

Versorgungsplanung und berufspolitische Neuerungen

Ausführlich ging Gerd Höhner auf die Defizite in der psychotherapeutischen Versorgung in Nordrhein-Westfalen ein. Aufgrund der Kalkulationsfehler von 1999 sei man von Beginn an mit einem Minus gestartet. Parallel habe die Nachfrage nach Psychotherapie – insbesondere im Bereich Kinder und Jugendliche – in den vergangenen 20 Jahren stetig zugenommen. Gleichzeitig würden mehr Ärztinnen und Ärzte psychotherapeutische Indikationen erkennen und Patientinnen und Patienten entsprechend verweisen. Die bisherigen Bestrebungen des Gesetzgebers, die daraus erwachsenden Versorgungsdefizite auszugleichen, seien jedoch unzureichend geblieben. Dies betreffe die ambulante und die stationäre Versorgung gleichermaßen. Noch dazu zeige sich ein Mehrbedarf an psychotherapeutischen Leistungen auch in Bereichen, die bisher nicht im Mittelpunkt standen. Als Beispiele nannte Gerd Höhner die Jugendhilfe und die Versorgung von chronisch kranken Menschen. Die Kammer werde das Thema Versorgungsplanung in der gesundheitspolitischen Diskussion daher weiterhin verfolgen. 

Abschließend erläuterte der Kammerpräsident die Mitte April 2022 in Kraft getretenen Änderungen im nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetz (HeilBerG). Mit den neuen Regelungen seien wesentliche Anliegen der Profession erfüllt. Der neue Beruf der Psychotherapeutin bzw. des Psychotherapeuten stehe nun neben den Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychologischen Psychotherapeuten sowie den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Die Kammer sei für alle drei Berufsgruppen zuständig. Eine weitere gelungene Änderung sei die Rückkehr zu dem nachvollziehbaren, kurzen Namen „Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen“ von vor 2006. Weitere gesetzliche Neuerungen beträfen den Wahlkörper und die Besetzung des Vorstands. 

Soziale Absicherung und vertragspsychotherapeutische Zulassung

Jens Mittmann, Leiter der Abteilung Mitgliederbetreuung/Leistungsverwaltung des Versorgungswerks der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, stellte den neuapprobierten Kammermitgliedern den Aufbau und die Verankerung des berufsständischen Versorgungswerkes im Gesamtsystem der Altersvorsorge vor. Anhand vieler Beispiele verdeutlichte er die Versicherungsmathematik, die Begründung der Mitgliedschaft, die Pflichten und Möglichkeiten zur Beitragszahlung sowie die verschiedenen Leistungsarten, die das Versorgungswerk bietet.

Maximilian Weller, Praxisberater im Geschäftsbereich Sicherstellungspolitik und -beratung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, führte in die Prinzipien der Bedarfsplanung ein und beschrieb die Voraussetzungen und Bedingungen für die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Er erläuterte den Weg in die Niederlassung, das Zulassungsverfahren und die vertragspsychotherapeutischen Pflichten. Ebenso übersichtlich skizzierte er die Möglichkeiten für eine Berufstätigkeit in Anstellung in einer Praxis und in Arbeitsformen wie dem Jobsharing, die Tätigkeit im Rahmen von Sonderbedarfen und Ermächtigungen sowie in Assistenz und Vertretung.

Perspektiven der Berufstätigkeit im Anstellungsverhältnis

Dr. Georg Kremer , Psychologischer Psychotherapeut aus Bielefeld und Vorsitzender des Ausschusses Psychotherapie in Krankenhaus und Rehabilitation der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, informierte über die Bandbreite möglicher Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Anhand konkreter Beispiele schilderte er das facettenreiche Spektrum an Einsatzfeldern in Kliniken, Beratungsstellen und Fachdiensten. Als Pluspunkte einer Beschäftigung in diesen Arbeitsfeldern bezeichnete Dr. Georg Kremer neben weiteren Vorteilen die Zusammenarbeit im multiprofessionellen Team und einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten könnten zudem vielerorts Konzepte mitentwickeln und Arbeitsbereiche mitgestalten. Ihre Approbation eröffne ihnen auch gute Chancen für leitende Positionen; in Rehabilitationskliniken beispielsweise seien sie bereits häufig für die Behandlung verantwortlich. Man könne davon ausgehen, dass sich diese Entwicklung fortsetzen werde. Als ein weiteres Tätigkeitsfeld für die Profession beschrieb er die Jugendhilfe. Insgesamt seien die beruflichen Möglichkeiten für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in der Anstellung vielfältiger denn je und würden viel Raum für die persönliche Entwicklung bieten. 
Am Ende seines Vortrags fasste Dr. Georg Kremer die Angebote der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen für angestellte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zusammen. Insbesondere legte er den Neuapprobierten neben den Fortbildungsangeboten die Veranstaltungsreihe „Angestellte im Fokus“ der Kammer ans Herz. Zusätzlich zu aktuellen berufspolitischen Themen würde die Reihe spannende Einsichten in – mitunter auch weniger bekannte – Tätigkeitsfelder für den Berufsstand eröffnen. 

Perspektiven der Berufstätigkeit in der Niederlassung

Andreas Pichler, Vizepräsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, erläuterte Bedingungen und Perspektiven der Berufstätigkeit in der Niederlassung. Sein Vortrag möge einem „Realitätscheck“ dienen und über mit der Tätigkeit in der Niederlassung verbundene Mythen aufklären. Er fasste die mit der Übernahme einer Kassenpraxis verbundenen Rechte und Pflichten zusammen und wies auf wichtige Informationsquellen hin. Ausführlich beschrieb Andreas Pichler die wirtschaftlichen Grundlagen von Praxen, die für die vertragspsychotherapeutische Versorgung zugelassen sind. Die Niederlassung mit einer Kassenpraxis sei derzeit allerdings in der Regel nur durch die Übernahme einer bestehenden Praxis realisierbar und damit entsprechend begrenzt. Zudem gestalte sich eine Übernahme mitunter langwierig. Insofern sei es ratsam, weitere Varianten für das berufliche Fortkommen zu erwägen, etwa Tätigkeiten im Jobsharing. 
Wer überlege, eine Privatpraxis zu eröffnen, täte gut daran, sich parallel um weitere berufliche Standbeine kümmern, riet der Vizepräsident. Denkbar sei beispielsweise ein Engagement im Sachverständigenbereich, in der Notfall-Psychotherapie oder in Bereichen wie Coaching, Supervision, Mediation und Fortbildung für andere Berufsgruppen. Ein breites Portfolio sei auch ratsam, da bei der Abrechnung von psychotherapeutischen Leistungen gemäß Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) weiterhin eklatante Probleme bestünden. Die Kammer sei zu diesem Thema aktiv und fordere die Krankenkassen auf, ihr oft bürokratisches und ablehnendes Verhalten in der Antragsbearbeitung abzulegen. Abschließend stellte Andreas Pichler Möglichkeiten der Mitwirkung in der Gesundheitspolitik und in der Kammer dar.

Mit Engagement in die Zukunft

Gerd Höhner dankte abschließend den Referenten, seinen Kolleginnen und Kollegen im Vorstand und der Geschäftsstelle für die gelungene Informationsveranstaltung. Den Neuapprobierten wünschte er viel Erfolg und Freude in ihrem Beruf. 

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