Psychotherapeuten als Gutachter in Strafrechtsverfahren

Bericht der PTK-Veranstaltung am 21. November 2009 in Düsseldorf

Gerichte benötigen in vielen Verfahren Sachverständige, um psychische Erkrankungen beurteilen zu können. Auch Psychotherapeuten sind als Sachverständige gefragt, betonte Jens Gnisa, Richter und Vorsitzender des Amtsgerichts Paderborn, auf der Veranstaltung der Psychotherapeutenkammer NRW am 21. November 2009 in Düsseldorf. Psychotherapeuten aus NRW und Rheinland-Pfalz besprachen hier ausführlich rechtliche Regelungen und fachliche Fragen der Gutachtertätigkeit an Fallbeispielen und eigenen Erfahrungen.

„Aufgabe des Sachverständigen ist es, dem Gericht den Tatsachenstoff zu unterbreiten, der nur auf Grund besonderer sachkundiger Beobachtung gewonnen werden kann und das wissenschaftliche Rüstzeug zu vermitteln, das eine sachgemäße Auswertung ermöglicht“, zitierte Jens Gnisa aus einem Urteilstext zur Definition der Gutachterrolle. Der Richter leitet das Verfahren. Er ist Auftraggeber des Gutachtens und hat Interesse an einer guten Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen. „Rufen Sie den Richter an und besprechen Sie mit ihm alle Ihre Fragen zum Begutachtungsablauf“, ermunterte Jens Gnisa seine Zuhörer.

Den gutachterlichen Untersuchungsprozess sowie die inhaltlichen und formalen Standards des Gutachtens illustrierte Klaus Elsner, Psychotherapeut am Institut für forensische Psychiatrie in Essen. Im Gutachten ist klar zwischen Datenerhebung, Bewertung und Interpretation zu trennen. Wichtig ist die genaue Beschreibung der klinischen Tatsachen und Phänomene mit der abschließenden Beurteilung ihrer Bedeutung zur Beantwortung der Gutachtenfragestellung. Die Feststellung einer ICD-10-Diagnose allein sei ohne ausführliche Beurteilung der gesamten klinischen Sachlage nicht überzeugend, so Klaus Elsner.

In Gesetzestexten verwendete Begriffe wie „krankhafte seelische Störungen“ müsse der Gutachter in allgemein verständliche psychologische Begriffe fassen, um Erleben und Verhalten des Probanden auch für fachliche Laien nachvollziehbar zu machen, betonte Dr. Ulrich Kobbé, Gutachter aus Lippstadt. Ein grober fachlicher Gutachtenfehler sei unter anderem auch eine unzureichende Anamneseerhebung, etwa, wenn in forensischen Gutachten über Sexualstraftäter keine ausführlichen Angaben zur Sexualanamnese gemacht werden.

Abschließend erläuterten die Referenten die Grundregeln für das mündliche Gutachten vor Gericht. Der mündliche Vortrag des Sachverständigen ist das eigentliche Gutachten im Strafrechtsverfahren. Der Sachverständige sollte hier dem Gericht in überschaubarer Zeit und verständlicher Form die für die Beantwortung der Gutachtenfragestellung wesentlichen fachlichen Sachverhalte und gutachterlichen Schlussfolgerungen vortragen. Er sollte gegebenenfalls auch auf Grenzen seiner Erkenntnismöglichkeiten eingehen und alternative Erklärungen erörtern.

Die Psychotherapeutenkammer NRW führt eine Sachverständigenliste für Gutachter im Strafrecht, die Gerichten zur Verfügung gestellt wird. Die genauen Voraussetzungen dafür, in diese Liste aufgenommen zu werden, finden sich in den Downloads.

Meldungen abonnieren