Sitzung der Kammerversammlung am 8. November 2019

Zentrale Themen in der Sitzung der Kammerversammlung der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) am 8. November 2019 in Dortmund waren die mit dem Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz (PsychThGAusbRefG) auf die Profession zukommenden Aufgaben und die Bedeutung des Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) für die psychotherapeutische Versorgung. Weitere Themen waren die Personalausstattung in der stationären Psychiatrie und die Qualitätssicherung und die Dokumentation psychotherapeutischer Leistungen. Ergänzend zu den in der konstituierenden Sitzung Ende August 2019 beschlossenen Ausschüssen richtete die Kammerversammlung sechs weitere Ausschüsse für die Wahlperiode 2019 bis 2014 ein und wählte deren Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder. Tagesordnungspunkte waren schließlich der Jahresabschluss 2018 und der Kammerhaushalt 2020. Nach vorheriger Beratung und Beschlussfassung behandelte die Kammerversammlung beide Themen in nicht-öffentlicher Sitzung.

Unverzichtbar: Fachkunde der Lehrenden

Kammerpräsident Gerd Höhner stellte in seinen den schriftlichen Vorstandsbericht ergänzenden Ausführungen heraus, dass der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für eine Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten die von der Profession vorgebrachten Anliegen zu großen Teilen aufgreife. „Unbedingt zu berücksichtigen ist, dass die verschiedenen Ausbildungsinhalte und die Prüfungen von Lehrenden mit entsprechender Fachkunde im Bereich der Verfahren und in den Altersbereichen vermittelt und durchgeführt werden. Dies in der Praxis umzusetzen, wird nicht einfach. Wir sehen darin jedoch ein wesentliches Qualitätsmerkmal der Ausbildung und werden von dieser Forderung nicht abrücken.“ Auch für die Bereitstellung von ausreichenden Kapazitäten für die vorgesehenen berufsqualifizierenden Tätigkeiten der Ausbildungsteilnehmenden gelte es, praktikable Lösungen zu erarbeiten – hier seien beispielsweise Kooperationen mit niedergelassenen Lehrpraxen denkbar. Intensiv werde sich die Kammer mit der Entwicklung der Weiterbildung als Aufgabe auf Landesebene beschäftigen. „Derzeit besteht eine kooperative Diskussionsebene mit dem Gesundheitsministerium und wir werden dort mit unseren Themen gehört. Das wird für die Ausgestaltung der künftigen Weiterbildungen ebenso eine positive Arbeitsgrundlage sein wie für die nächste große Aufgabe: die Weiterentwicklung der Bedarfsplanung.“

DVG: Gesetz mit Mängeln

Vorstandmitglied Barbara Lubisch führte mit Blick auf das tags zuvor vom Bundestag verabschiedete Digitale-Versorgungs-Gesetz an, dass die Zulassung von Gesundheits-Apps nach Ansicht des Berufsstands als sinnvolle Ergänzung und nicht als Ersatz für das Angebot von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu sehen sei. „Wir sind in diesem Bereich die Gesprächspartner und Menschen, die unsere Angebote kennenlernen, werden umso eher bereit sein, sich uns anzuvertrauen.“ In ihrem Überblick über die mit Gesetz anstehenden Neuerungen zeigte sie auf, dass Wesentliches nicht zufriedenstellend geregelt sei, beispielsweise der Einsatz von Gesundheits-Apps ohne Wirksamkeitsnachweis oder wie sensible Patientendaten geschützt werden sollen. „Bei dem demnächst zu erwartenden E-Health-Gesetz II werden wir darauf hinarbeiten, Nachbesserungen bei den Punkten einzufordern, mit denen wir im DVG nicht einverstanden sind“, hielt Barbara Lubisch fest.

Neue Krankenhausplanung eröffnet Chancen

Vorstandsmitglied Hermann Schürmann ging auf die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) im September 2019 beschlossene Richtlinie zur personellen Ausstattung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie und Psychosomatik ein. „Es ist ein Unding, was der G-BA hier nicht geregelt hat“, kritisierte er. „Abgesehen von geringfügigen Anpassungen, beispielsweise einer leichten Erhöhung der Minutenwerte als Grundlage für die Ermittlung des vorzuhaltenden Personals in den einzelnen Berufsgruppen, hat der G-BA im Wesentlichen die bisherige Psychiatrie-Personalverordnung (Psych-PV) schlichtweg fortgeschrieben.“ Eine für die Profession positiv zu wertende Entwicklung sei der Beschluss des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers, die Krankenhausplanung künftig nicht mehr nach Bettenkapazitäten und medizinischen Fachgebieten, sondern leistungs-, bedarfs- und qualitätsorientiert auszurichten. „Die dafür notwendige Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes ist für uns eine Chance, in den Kliniken präsent zu sein: Ein Krankenhaus ist mit Aufnahme in den Krankenhausplan verpflichtet, Weiterbildungsplätze auch für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bereitzustellen“, erklärte Hermann Schürmann. Zur Wahrung der Interessen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten sei der Vorstand der PTK NRW unter anderem im Landesausschuss für Krankenhausplanung aktiv und registriere bei den Beteiligten ein wohlwollendes Interesse für weitere Anpassungen in Folge des Psychotherapeutenausbildungsreformgesetzes.

Round Table zur Psychotherapie in Institutionen

In den Rückmeldungen zum Bericht des Vorstandes thematisierten Kammerversammlungsmitglieder die Rolle der PTK NRW bei der Ausgestaltung der neuen Approbationsordnung und wiesen auf nicht zufriedenstellende Regelungen im DVG hin. Angesprochen wurden auch Themen zu der Umsetzung der Beitragsordnung und Erfahrungen in der Anwendung der erweiterten Befugnisse für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die mit der aktualisierten Psychotherapie-Richtlichtlinie eingeführt wurden. Nach kurzer Aussprache nahm die Kammerversammlung einen Antrag an, mit dem der Vorstand beauftragt wird, 2020 ein Round-Table-Gespräch zur Psychotherapie im institutionellen Bereich durchzuführen. Eingeladen werden sollen alle Kammerversammlungsmitglieder, die in diesem Bereich direkt tätig sind oder ihm schwerpunktmäßig zuarbeiten. Mit der Veranstaltung sollen unter anderem Fragestellungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Psychotherapie in diesem Arbeitsfeld eruiert werden. Ebenso sollen Einsatzmöglichkeiten für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung in diesem Bereich herausgearbeitet werden.

Die Ausbildungsreform mitgestalten

Ausführlich beschäftigte sich die Kammerversammlung mit den Handlungsfeldern, die sich mit dem Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz für den Berufsstand ergeben. „Die ersten Masterstudiengänge sollen im Herbst 2020 eingerichtet werden – wir müssen daher jetzt die Gespräche aufnehmen und Möglichkeiten finden, wie wir bei der Ausbildung an den Universitäten möglichst früh mitwirken können“, betonte Kammerpräsident Gerd Höhner. „Auch für die Entwicklung der Weiterbildungscurricula und der Weiterbildungsinstitute ist der Zeitplan sportlich. Wir werden im Ausschuss ‚Aus- und Weiterbildung im Rahmen der Ausbildungsreform‘ intensiv daran arbeiten.“

Barbara Lubisch stellte dar, wie die ebenfalls im Ausbildungsreformgesetz enthaltenen versorgungsbezogenen Regelungen aus Sicht der Profession einzuschätzen seien. Erfreulich sei beispielsweise, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei der Versorgung von Menschen mit körperlichen Erkrankungen mitwirken und Ergotherapie und psychiatrische häusliche Krankenpflege verordnen könnten. Ebenso grundsätzlich gute Ansätze seien die Förderung von Gruppentherapien und die Möglichkeit, Probatorische Sitzungen bereits während eines stationären Aufenthaltes beginnen zu können. Allerdings seien bei diesen wie bei vielen anderen versorgungsbezogenen Regelungen für ihre praktische Umsetzung noch viele Fragen zu klären. Ambivalent sei der Honorarzuschlag für Kurzzeittherapien. Zwar werde grundsätzlich eine höhere Vergütung für psychotherapeutische Leistungen begrüßt; dies dürfe jedoch nicht dazu führen, notwendige Langzeittherapien zu unterlassen.

„Kritisch sehen wir insbesondere den Wegfall des Gutachterverfahrens in Verbindung mit der Möglichkeit, den Behandlungsbedarf leitliniengerecht zu konkretisieren“, hob Barbara Lubisch hervor. „Die Formulierungen in den Leitlinien werden nicht immer dem gerecht, was in der Versorgung tatsächlich notwendig ist, insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit mehreren Erkrankungen, die uns in der Praxis häufig begegnen. Wir brauchen gesicherte Behandlungskontingente. Es macht uns Sorge, wie die Krankenkassen diese Regelungen nutzen könnten.“ Auch der im Gesetz enthaltende Auftrag an den G-BA, Richtlinien zur Qualitätssicherung der ambulanten Psychotherapie zu entwickeln, werfe zahlreiche Fragen auf. Angesichts dieser und weiterer Unklarheiten plädiere der Vorstand der PTK NRW dafür, die vorgesehenen Fristen für die Umsetzung aller Regelungen zu verlängern. „Wir brauchen Zeit, um sinnvolle Konzepte entwickeln und die Evaluationen des Innovationsfonds berücksichtigen zu können. Unverzichtbar ist, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei der Umsetzung der neuen Regelungen beteiligt sind und in den entsprechenden Gremien mitwirken.“

Empfehlungen zur Dokumentation verabschiedet

Vorstandsmitglied Bernhard Moors griff die Themen Qualitätssicherung und Dokumentation auf. „Die Kammer hat als fachlicher Normgeber die Aufgabe, ihren Mitgliedern hierzu etwas an die Hand zu geben“, hielt er fest. „Als mit dem Patientenrechtegesetz 2013 die fachgerechte Dokumentation als unverzichtbare Grundlage für die Sicherheit der Patientinnen und Patienten normiert wurde, hatte der Vorstand die Kommission ‚Standards der psychotherapeutischen Kommission‘ eingerichtet. Die von ihr erarbeiteten ‚Empfehlungen zur Dokumentation psychotherapeutischer Behandlungen“ sind eine Zusammenfassung der wesentlichen Punkte für die Basis- und die Verlaufsdokumentation.“ Aktuell wolle der Gesetzgeber dem Thema Dokumentation nun einen neuen Anschub geben, so Bernhard Moors. „Mit dem Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz verpflichtet er den G-BA, bis Ende 2022 eine Richtlinie für ein einrichtungsübergreifendes, sektorenspezifisches Qualitätssicherungsverfahren für die ambulante psychotherapeutische Versorgung zu beschließen.“ Dabei werde der G-BA auch Mindestvorgaben für eine Standarddokumentation festgelegen. Mit Einführung dieser Richtlinie würden alle Regelungen zum Antrags- und Gutachterverfahren entfallen.

„Dieser Beschluss hat damit eine große Tragweite und wir sollten jetzt aktiv werden und die Möglichkeit nutzen, zeitlich und inhaltlich voranzugehen, bevor andere hierzu entscheiden“, erklärte das Vorstandsmitglied. „Die von der Kommission der PTK NRW erarbeiteten Mindestanforderungen geben Orientierung und sind eine gute Basis für die Dokumentation psychotherapeutischer Behandlungen. Ändern sich die Rahmenbedingungen, können sie angepasst werden. Wir gehen davon aus, dass ein Qualitätsstandard der PTK NRW bei zukünftigen Entwicklungen nicht übersehen wird.“ Nach regem Austausch zu diesem Thema nahm die Kammerversammlung die von der Kommission erarbeiteten Empfehlungen zur Dokumentation psychotherapeutischer Behandlungen mit großer Mehrheit an.

Neue Ausschüsse der PTK NRW

Für die Wahlperiode 2019 bis 2024 richtete die Kammerversammlung der PTK NRW zu den zwei bereits im August 2019 beschlossenen Ausschüssen sechs weitere Ausschüsse ein. Mit jeweils einstimmigen Abstimmungsergebnissen wurden die Ausschüsse „Satzung und Berufsordnung“, „Fort- und Weiterbildung in Bereichen“, „Psychotherapie in der ambulanten Versorgung“, „Psychotherapeutische Versorgung von Kindern und Jugendlichen“, „Psychotherapie in Krankenhaus und Rehabilitation“ und „Digitalisierung“ beschlossen und die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder gewählt.

Jahresabschluss 2018, Haushalt 2020

Andreas Pichler, Vizepräsident der PTK NRW, informierte die Kammerversammlungsmitglieder über die Einnahmen und Ausgaben und die Entwicklung der Rücklagen der PTK NRW im Jahr 2018. Auf Empfehlung des Finanzausschusses nahm die Kammerversammlung den Jahresabschluss 2018 mit großer Mehrheit an und entlastete den Vorstand für das Geschäftsjahr 2018. Für das Haushaltsjahr 2020 skizzierte Andreas Pichler auf der Basis der zu erwartenden Erlöse aus Mitgliederbeiträgen, Veränderungen im Stellenplan und Ausgaben für berufspolitische und kammerinterne Aktivitäten die anzunehmenden Einnahmen und Ausgaben. Auch hier folgte die Kammerversammlung dem Votum des Finanzausschusses und nahm den Haushaltsplan 2020 mit zwei Enthaltungen einstimmig an.

Nachhaltigkeit

Zum Abschluss ihrer Tagung nahm die Kammerversammlung ohne Gegenstimmen den Antrag an, der Vorstand möge nach Möglichkeiten suchen, wie sich ein auf ökologische Nachhaltigkeit ausgerichtetes Handeln in verschiedenen Bereichen der Kammer verbessern ließe. Die Ergebnisse sollen der Kammerversammlung zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt werden.

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