Rückblick und Ausblick zum Jahreswechsel

„Unsere Profession war in diesem Jahr mit einer Vielzahl versorgungs- und berufspolitischer Themen befasst“, resümiert Andreas Pichler, Präsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen. „Im Namen des Vorstands danke ich unseren Kammermitgliedern für ihren herausragenden Einsatz. Es braucht fachliche Stärke und Ausdauer, um den Herausforderungen in der Versorgung zu begegnen und die anspruchsvollen Aufgaben der Berufspolitik zu bewältigen.“ Das große Engagement der Mitglieder habe die Sichtbarkeit des Berufsstands und seinen Stellenwert für die Gesundheitsversorgung in Nordrhein-Westfalen deutlich vorangebracht.

„Mein Dank gilt auch dem Team unserer Geschäftsstelle, das uns im Tagesgeschäft wie auch bei der strategischen Weiterentwicklung der Kammer verlässlich unterstützt“, so der Präsident. „Meinen Kolleginnen und Kolleginnen im Vorstand danke ich für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit.“

Mehr Weiterbildungsstellen, weniger Bürokratie

Viele Schwerpunkte, mit denen die Profession schon länger befasst sei, bleiben auch 2026 relevant. „Wir werden weiter für eine tarifanaloge Bezahlung unseres Nachwuchses kämpfen“, betont Andreas Pichler. „Die bisherigen gesetzlichen Regelungen reichen nicht aus, um die Weiterbildung solide zu finanzieren. Mit gravierenden Folgen: Fehlen Weiterbildungsplätze, gefährdet das die zukünftige Versorgung.“ Die Kammer habe in diesem Jahr zunehmend mehr Weiterbildungsstätten zugelassen und Befugte anerkannt. Weitere Antragsverfahren stünden kurz vor dem Abschluss. Im kommenden Jahr würde die Zahl der approbierten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit Weiterbildungswunsch jedoch wachsen. Für sie brauche es ausreichend Stellen.

Beim Qualitätssicherungsverfahren (QS-Verfahren) zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter werde die Kammer an ihrer Haltung festhalten: „Das vom Gesetzgeber geplante QS-Verfahren kann in seiner vorliegenden Form die Qualität der Versorgung weder abbilden noch verbessern. Es sollte noch während der Erprobung eingestellt werden.“ Neben verfahrensimmanenten Mängeln belasteten unzureichende Vergütung, technische Probleme bei der Datenübermittlung und ein Übermaß an Bürokratie die Praxen. Viele Kolleginnen und Kollegen hätten ihren Unmut geäußert. Andreas Pichler erklärt: „Ihre Rückmeldungen bringen wir gebündelt und konstruktiv in den zuständigen Gremien ein. Dabei weisen wir auch darauf hin, dass unser Berufsstand bereits Qualität sichert – und dass diese Maßnahmen künftig noch sichtbarer gemacht werden.“

Digitalisierung im Gesundheitswesen und in der Kammer

Bei der elektronischen Patientenakte (ePA) habe die Profession erreicht, dass besonders sensible Daten in bestimmten Fällen nicht eingestellt werden müssten und nur Versicherte Einblick in ihre Abrechnungsdaten erhielten. „2026 werden wir die nächsten Schritte zur Ausgestaltung der ePA und die Digitalisierung im Gesundheitswesen aufmerksam begleiten“, kündigt Andreas Pichler an. „Kammerintern treiben wir digitale Lösungen voran, um Verwaltungswege zu vereinfachen und die Kommunikation zwischen Mitgliedern und Kammer zu erleichtern.“

Ein weiteres Anliegen sei die geplante Novellierung des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG). Die Kammer setze sich dafür ein, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten künftig in Unterbringungsverfahren einbezogen werden, in denen über die Einweisung psychisch erkrankter Menschen gegen ihren Willen entschieden wird. Insbesondere bei der Ausstellung von Zeugnissen sollte der Berufsstand eine klar geregelte Rolle erhalten. „Es ist wichtig, dass wir hier angemessen berücksichtigt werden und unsere fachliche Expertise einbringen können“, hebt Andreas Pichler hervor.

Umgang mit psychisch Kranken, Gewalt gegen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten

In der aktuellen Debatte über ein Register für Menschen mit psychischen Erkrankungen werde sich der Vorstand weiterhin gegen eine pauschale Erfassung aussprechen. Sie könne beispielsweise dazu führen, dass Betroffene aus Angst vor Stigmatisierung therapeutische Hilfe meiden. Das Bedürfnis nach Sicherheit sei nachvollziehbar, so Andreas Pichler. Für eine effektive Gewaltprävention brauche es jedoch kein Register, sondern einfachere Wege in die Versorgung und frühe Hilfen.

Mit Blick nach innen wolle der Vorstand 2026 das Thema Übergriffe und Gewalt gegen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten weiterhin in den Fokus nehmen und mögliche Schutz- und Entlastungswege diskutieren.

Versorgung und Gesellschaft

Stärkung und Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung bleiben auch im kommenden Jahr zentrale Schwerpunkte der Kammerarbeit. Andreas Pichler betont: „Die Quotierung bei der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie muss ein Ende haben. Wir brauchen dringend eine Anpassung der Bedarfsplanungs-Richtlinie, die der Realität Rechnung trägt. Zudem nehmen wir die Versorgung vulnerabler Patientengruppen wie Menschen mit Behinderung verstärkt in den Blick. Des Weiteren streben wir Verbesserungen im stationären Bereich an. Konkret geht es dort um mehr Zeit für Psychotherapie, aber auch um die strukturelle Verankerung unserer Profession sowie die Sichtbarkeit unserer Berufsgruppe.

Darüber hinaus rücken gesamtgesellschaftliche Themen weiter in den Fokus – etwa die enge Verbindung von Klimaschutz und Gesundheitsschutz (siehe hierzu auch den Bericht über das Klima-Symposium der Kammer im Oktober 2025). Genauso sorgt sich die Kammer um die Entwicklung des demokratischen Klimas in unserer Gesellschaft: Tendenzen von Spaltung, Entmenschlichung im Diskurs und Abwertungen des Gegenübers bei politischen Debatten dürfen nicht zur Gewohnheit oder gar zum gängigen Stilmittel einer gesamtgesellschaftlichen Kultur werden. Die Kammer mahnt daher die Einhaltung der grundgesetzlichen Werte von Wahrung der Menschenwürde, einem respektvollen Umgang und Toleranz für eine von Vielfalt und Diversität geprägte Gesellschaft an. Die mannigfaltigen geopolitischen Konflikte sowie ungewisse Zukunftsaussichten machten vielen Menschen Angst. Umso mehr sind alle politischen Akteure auf Landes- wie auch Bundesebene gefordert, hier für einen tragfähigen Zusammenhalt der Gesellschaft wie auch den Erhalt der dazu notwendigen Unterstützungssysteme einzutreten.

Alles Gute für 2026!

„Das ausklingende Jahr hat uns viel abverlangt“, fasst Andreas Pichler zusammen. „Nicht alle Entwicklungen lassen uns zufrieden zurückblicken. Wir nehmen aber auch mit, dass wir etwas bewegen können. In diesem Sinne freuen wir uns darauf, gemeinsam mit Ihnen die Aufgaben anzugehen, die 2026 auf uns warten. Genießen Sie eine entspannte und sinnerfüllende Weihnachtszeit und kommen Sie gut in ein gesundes, glückliches neues Jahr!“

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