1. Regionalversammlung im Regierungsbezirk Detmold

Um mit ihren Mitgliedern ins Gespräch zu kommen und über ihre aktuellen landes- und bundespolitischen Aktivitäten zu informieren, will die Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) in einer Reihe von Regionalversammlungen Flagge vor Ort zeigen. Den Auftakt bildete die 1. Regionalversammlung am 10. März 2016 im Regierungsbezirk Detmold. Über 120 Kammermitglieder waren der Einladung gefolgt und in den Ravensberger Park nach Bielefeld gekommen. „Wir haben bundesweit und regional interessante Themen mitgebracht und freuen uns über Fragen und Ideen Ihrerseits“, eröffnete Kammerpräsident Gerd Höhner die Versammlung. Sein klar formulierter Wunsch, in angeregte Diskussionen zu kommen, fand deutlich Zustimmung.

Reform der Psychotherapeutenausbildung

Das erste Thema auf der Tagesordnung war die Reform der Psychotherapeutenausbildung. Zuallererst ginge es darum, die Zukunftsfähigkeit des Berufes zu sichern, betonte Gerd Höhner. Ein wesentlicher Beitrag hierzu sei es, die Ausbildung so zu strukturieren wie bei den anderen Heilberufen, also Studium – Approbation – Weiterbildung. „Weiter möchten wir erreichen, dass die historische Bandbreite der Verfahren wieder gestärkt wird und somit Qualität und Erfahrung erhalten bleiben. Aktuell lehren die meisten Ausbildungen Verhaltenstherapie und auch an den Universitäten bildet sie einen Schwerpunkt.“ Ein weiteres Anliegen ist, dass Studierende praktische Erfahrungen in Bereichen wie der Jugendhilfe oder in Reha-Einrichtungen sammeln können. „Wir können unsere Kompetenzen im komplementären Bereich sehr gut einbringen und dort attraktive Arbeitsfelder für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten erschließen – wenn wir die entsprechenden Strukturen entwickeln“, begründete der Präsident dieses Anliegen der PTK NRW.

Derzeit liegen die Vorschläge für eine Reform der Psychotherapeutenausbildung durch die Beschlüsse des Deutschen Psychotherapeutentages vor und werden intensiv diskutiert. Das Bundesministerium für Gesundheit will seine Vorstellungen Mitte des Jahres publik machen.

In der Diskussion zu diesem Punkt der Tagesordnung wurden Aspekte zu Inhalt und Umfang der Ausbildung angesprochen und die aufgehobene Trennung zwischen „Psychologischer Psychotherapie“ und „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie“ erörtert. Kritisch beleuchtet wurde, wie es für Studierende weitergehen kann, die in einem voraussichtlichen Bachelor-Master-Studiengang keinen Masterstudienplatz finden. Zur Sprache kam auch die Ausgestaltung der beruflichen Weiterbildung und welche Rolle die Ausbildungsinstitute dabei einnehmen könnten. Wolfgang Schreck, Beisitzer im Vorstand der PTK NRW, betonte in diesem Zusammenhang: „Die rechtliche Zuständigkeit für die Entwicklung der Weiterbildung liegt bei den Ländern. Das ist eine gute Chance, die wir als Kammer sehr aktiv nutzen werden.“

Hilfen für Flüchtlinge und Helfer

Im Folgenden standen die Aktivitäten der PTK NRW zur Versorgung von psychisch belasteten Flüchtlingen im Fokus. Gerd Höhner stellte die enge Zusammenarbeit der Kammer mit den nordrhein-westfälischen Psychosozialen Zentren (PSZ) vor und verwies zudem auf den Fragebogen, den die Kammer in Kürze an ihre Mitglieder verschicken wird. „Mit der Befragung möchten wir Hinweise auf Aktivitäten in den Regionen gewinnen, bündeln und weiterreichen, um die teilweise fehlende Vernetzung vor Ort zu fördern.“ Er betonte darüber hinaus die Aufgabe, Hilfen für die Helfer zu entwickeln. „Wir erleben als Resonanz auf unsere Fortbildungsangebote zu kultursensibler Psychotherapie ein großes Interesse. Gleichzeitig äußern Kolleginnen und Kollegen aber auch Unsicherheiten hinsichtlich der Arbeit mit Menschen aus anderen Kulturkreisen. Die Möglichkeit, einen Antrag auf Sonderermächtigung zu stellen, wird bislang ebenfalls deutlich weniger genutzt als erhofft. Es ist uns ein Anliegen, unseren Mitgliedern hier unterstützend und motivierend zur Seite zu stehen.“

In der Diskussion betonten einige Kammermitglieder, dass nicht allein Unsicherheit zu Zurückhaltung hinsichtlich der Arbeit mit Flüchtlingen führe. Vielfach wären bürokratische Hürden ein Problem. Umso wichtiger sei es zu überlegen, wie psychotherapeutische Hilfe für Flüchtlinge leichter organisiert werden könne. Gerd Höhner bekräftigte, dass die Kammer auch hierzu gezielt die Stimme erhebe.

Vorschläge zur Bedarfsplanung

Hinsichtlich der Bedarfsplanung in der Psychotherapeutischen Versorgung informierte Gerd Höhner insbesondere über die Beauftragung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Rahmen des Gesundheitsstärkungsgesetzes und über die Initiative der PTK NRW, die Unterversorgung im Ruhrgebiet zu beheben. „Wir haben eine umfassende Analyse verfasst und an den G-BA gegeben. Neben der Analyse der Missstände unterbreitet sie konkrete wissenschaftlich fundierte Vorschläge für eine neue Planung.“ In ihrer Analyse regt die Kammer an, die Sonderregion Ruhrgebiet aufzuheben oder alternativ bei ihrem Fortbestehen die allgemeinen Verhältniszahlen für Psychotherapeuten mittels sachgerechter Kriterien neu festzulegen. Dabei sollten die spezifischen Gegebenheiten des Ruhrgebiets berücksichtigt werden: der einzigartige Metropolcharakter, die planungsbereichsbezogene Morbidität, sozioökonomische Faktoren und die gegebene Versorgungslage.

Mit Blick auf die teilweise unzureichende psychotherapeutische Versorgung in den Regionen in NRW kam auf der Regionalversammlung auch die Aufgabe zur Sprache, den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen stärker nachzukommen. Für sie sollten weder lange Wege noch häufige Fehlzeiten in der Schule anfallen. Gerd Höhner wies darauf hin, dass sich die PTK NRW sowohl für die Versorgung jüngerer Menschen stark mache wie auch für mehr Psychotherapieangebote in Pflegeheimen für ältere Menschen. „Derzeit stoßen wir dabei in der Bundesregierung auf offene Ohren und ich bin durchaus zuversichtlich, dass wir etwas bewegen können. Aber es wird dauern.“

Entwicklung der Beitragsordnung

Schließlich kam der Präsident auf die seit 2015 geltende einkommensorientierte Beitragsordnung der PTK NRW zu sprechen. „Wir haben rasch festgestellt, dass es bei dieser Regelung zu Mindereinnahmen von etwa 20 Prozent kommt. Ohne eine Anpassung wäre daraus eine Haushaltsunterdeckung erwachsen, die mit Sparmaßnahmen nicht aufzufangen gewesen wäre“, informierte er. Nach intensiven Diskussionen über mögliche Lösungen hatte die Kammerversammlung daher im Oktober 2015 die Kombination des einkommensabhängigen Beitrags mit einem Sockelbetrag von 70,00 Euro für jedes Mitglied beschlossen. Sie ist seit Anfang 2016 in Kraft.

„Wir haben daraufhin eine Reihe kritischer Zuschriften erhalten, was wir mit den Geldern machen“, berichtete Gerd Höhner. „Die Antwort muss beinhalten, dass berufspolitische Aktivitäten, die Arbeit in landes- und bundespolitischen Gremien, die den Stand der Profession bessern und sichern und für eine adäquate psychotherapeutische Versorgung in unserem Bundesland sorgen, nicht immer sichtbar sind, aber sowohl Zeit als auch Geld kosten.“ In der Diskussion kam zudem die Frage auf, ob die Kammer die finanziellen Folgen einer einkommensorientierten Beitragsordnung im Vorfeld besser hätte einschätzen können. „Wir haben gründlich vorgearbeitet, mussten aber letztlich feststellen, dass unsere Mitglieder weniger als aus der vorherigen Stichprobe ermittelt verdienen und dies nicht abzusehen war“, resümierte Vorstandsmitglied Wolfgang Schreck. „Eine Beitragsunehrlichkeit haben wir im Zuge umfangreicher Stichproben nicht ausmachen können.“

Weitere Versammlungen gewünscht und geplant

Zum Abschluss der zweieinhalbstündigen Regionalversammlung bedankte sich Gerd Höhner bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihr Interesse und die konstruktiven Gespräche. „Es war die erste Veranstaltung dieser Art und wir waren natürlich gespannt, wie es läuft. Wir freuen uns, dass wir gesehen haben: Es funktioniert sehr gut! Ich denke, dass wir uns in regelmäßigen Abstanden durchaus wieder treffen können.“ Auch diese Überlegung des Kammerpräsidenten fand im Plenum hörbar Zustimmung.

Nach dem Startschuss in Bielefeld werden nach und nach Regionalversammlungen in den weiteren Regierungsbezirken Nordrhein-Westfalens stattfinden.

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