„Eine Reform ist dringend erforderlich“ – Stellungnahme zu Forderungen der Ersatzkassen zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung

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Am 24. Januar 2023 veröffentlichte der Verband der Ersatzkassen e. V. (vdek) im Rahmen einer Pressekonferenz „Forderungen der Ersatzkassen zur Bedarfsplanung und Reform der Versorgungsstrukturen in der ambulanten Psychotherapie“. Darin wird ausgeführt, dass die „...steigende Nachfrage nach Psychotherapie und die ungleich verteilten Therapeutenkapazitäten ... durch bisherige Bedarfsplanungsanpassungen und Reformen der Psychotherapie-Richtlinie nicht zufriedenstellend kompensiert werden [konnten].“

Der Vorstand der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen teilt diese Feststellung. „Die Defizite in der psychotherapeutischen Versorgung wurden 1999 mit einer fehlerhaften Verhältniszahlberechnung begründet,“ erklärt Gerd Höhner, Präsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen. „Maßnahmen wie die Einführung psychotherapeutischer Sprechstunden oder Akutbehandlungen haben zwar den Zugang zur Psychotherapie verbessert“, so der Präsident. „Sie haben aber gleichzeitig die Defizite in der Versorgung mit Richtlinientherapie verschärft. Denn eine Ausweitung der Pflichtleistungen bei einer gleichbleibenden Anzahl an psychotherapeutischen Praxen reduziert unweigerlich den Umfang der Behandlungsleistungen.“

„Wir brauchen eine moderne Versorgungsplanung“

Der Vorstand der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen widerspricht jedoch der von den Ersatzkassen getroffenen Aussage, dass „…gegenwärtig strukturelle Probleme in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung vor[liegen], die in erster Linie nicht durch Reformen der Bedarfsplanung zu lösen sind.“ Vielmehr seien lange Wartezeiten auf den Beginn einer Richtlinientherapie und weitere Indikatoren der psychotherapeutischen Unterversorgung ein deutliches Signal dafür, dass die Bedarfsplanungs-Richtlinie in Bezug auf die psychotherapeutische Versorgung nicht den tatsächlichen Bedarf anzeige. „Eine Reform ist dringend notwendig“, betont Gerd Höhner. Die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen fordere, eine moderne Planung der psychotherapeutischen Versorgung zu entwickeln, wie die Bundesregierung dies in ihrem Koalitionsvertrag vom Dezember 2021 angekündigt habe.

„Es ist begrüßenswert, dass die Ersatzkassen sich mit dieser Thematik befassen und ergänzende Vorschläge zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung in die Diskussion einbringen“, hält der Kammerpräsident fest. Forderungen der Ersatzkassen sind unter anderem, bei Nachbesetzungen von Psychotherapie-Praxissitzen Therapieverfahren mit höherer Versorgungskapazität vorzuziehen, einen Anspruch auf die Vermittlung eines Therapieplatzes über die Terminservicestellen zu etablieren sowie die Möglichkeiten für Videobehandlungen auszudehnen und Fernbehandlungen in die Bedarfsplanungsrichtlinie aufzunehmen. „Wir haben uns mit den von den Ersatzkassen vorgeschlagenen Maßnahmen intensiv auseinandersetzt“, erklärt Gerd Höhner. „Dabei kommen wir zu dem Schluss, dass sie keine Alternative dazu darstellen, das Angebot in der psychotherapeutischen Versorgung über die Ausweitung der Behandlungskapazitäten zu vergrößern. Einige der Vorschläge halten wir schlichtweg für ungeeignet. Sie sind aus fachlicher Sicht strikt abzulehnen.“

Der Vorstand der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen hat seine kritische Prüfung der Vorschläge der Ersatzkassen in seiner Stellungnahme zu den Forderungen der Ersatzkassen zur Bedarfsplanung und Reform der Versorgungsstrukturen in der ambulanten Psychotherapie [PDF, 158 KB] vom 13. März 2023  zusammengefasst und dem Verband der Ersatzkassen zukommen lassen. In der Stellungnahme stellt er abschließend heraus, dass es eine Reihe von besonderen Herausforderungen in der ambulanten Versorgung gebe, die zeitgemäße Veränderungen in der Versorgung erfordern. „Die Entwicklung der Richtlinie zur Komplexversorgung ist hier eine von uns unterstützte Maßnahme“, erklärt Gerd Höhner. „Entsprechend der erfolgreichen Ausweitung ambulanter Gruppenangebote für Kinder- und Jugendliche zur Prävention psychischer Störungen sind weitere Konzepte denkbar und erforderlich. Die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen würde hierzu mit dem vdek e.V. gerne weitere Gespräche führen.“

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