Information und Austausch am „Tag der Neuapprobierten“ am 17. Juni 2023

Welche Aufgaben hat die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen? Welche Leistungen bietet ihr Versorgungswerk? Welche Voraussetzungen und Bedingungen gelten für die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung, welche Perspektiven der Berufstätigkeit bieten sich in den unterschiedlichen Versorgungsbereichen?

Über 100 Interessierte informierten sich am Tag der Neuapprobierten der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen am 17. Juni 2023 in Dortmund zu diesen und weiteren Themen. Viele nutzten die Gelegenheit, an den Beratungsständen und in Gesprächen mit dem Kammervorstand und den Referenten Fragen zu klären und untereinander in den Austausch zu kommen.

Die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen in der berufspolitischen Landschaft

Andreas Pichler, Vizepräsident der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, begrüßte die Teilnehmenden und stellte seine Kolleginnen und Kollegen aus dem Vorstand, das Team der Geschäftsstelle und die Referenten vor. Den Neuapprobierten gratulierte er ausdrücklich zur Approbation. Der Weg zu diesem Ziel sei steinig und der erfolgreiche Abschluss verdiene Anerkennung. Auf dem Tag der Neuapprobierten würden sie praxisnahe Informationen rund um den Berufsstart erhalten. Zugleich heiße man sie als neue Kammerangehörige willkommen und wolle ihnen mit Informationen zur Kammer den Weg in ihre berufsständische Heimat ebnen.

In seinem Vortrag beschrieb Andreas Pichler die rechtlichen Grundlagen und die Aufgaben der Kammer in ihrer Funktion als berufliche Selbstverwaltung. Der Staat habe ihr hoheitliche Aufgaben und damit Satzungs- und Verwaltungsrechte sowie -pflichten übertragen. In ihrem Zuständigkeitsbereich lägen Berufsordnung und Berufsaufsicht, Weiterbildungsrecht und Fortbildung, Qualitätssicherung und Qualitätsstandards. Ebenso habe sie Anhörungsrechte bei (Landes-)Gesetzesvorhaben und eine Fürsorgepflicht für ihre Mitglieder im Rahmen der Altersvorsorge. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts gehöre die Kammer zur öffentlichen Verwaltung und sei entsprechendem Handeln verpflichtet, so der Vizepräsident. Hierzu zähle auch der Anspruch an Sachkunde. Auf dieser Grundlage bringe man sich bei aktuellen Diskussionen wie beispielsweise der Klimadebatte nicht nur ein, weil man das Thema für wichtig halte. Vielmehr sehe man aus fachlicher Sicht ernsthafte, begründbare Gefahren des Klimawandels für die psychische Gesundheit.

Die Kammer nutze ihren Handlungsrahmen auch, um sich für die Belange der Profession einzusetzen, erklärte Andreas Pichler. Ein Beispiel seien Vergütungsfragen. Anders als Verbände oder Tarifparteien könne die Kammer zwar keine Honorarverhandlungen führen. Wohl aber ergreife man die Gelegenheit, den Gesetzgeber aufzufordern, die aufgeschobene Reform der Gebührenordnung für Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (GOP) endlich umzusetzen. Stellungnahmen zu gesundheitspolitischen Themen und Fragen der psychotherapeutischen Versorgung, Resolutionen der Kammerversammlung, Fortbildungen, Informationsveranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit seien weitere zentrale Aktivitäten, fasste Andreas Pichler zusammen. Auf der Kammer-Homepage könne man sich zu vielen der angesprochenen Themen weiterführend informieren. Um über Aktivitäten und aktuelle Angebote der Kammer auf dem Laufenden zu bleiben, empfahl er den Neuapprobierten den Eintrag in den E-Mail-Verteiler für Kammerangehörige.

Das Versorgungswerk der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen

Jens Mittmann, Leiter der Abteilung Mitgliederbetreuung/Leistungsverwaltung des Versorgungswerks der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, erläuterte den neuapprobierten Kammermitgliedern den Aufbau und die Zielsetzungen des berufsständischen Versorgungswerkes. Anhand von Beispielen umriss er die Begründung der Mitgliedschaft sowie die Pflichten und Möglichkeiten der Beitragszahlung. Ausführlich beschrieb er die Leistungsarten, die das Versorgungswerk den Kammermitgliedern bietet. Dabei gab Jens Mittmann auch Beispiele für die mögliche Höhe der späteren Rente. Er betonte zudem, dass Anliegen stets direkt an das Versorgungswerk als eigenständige Körperschaft des öffentlichen Rechts zu richten seien, nicht an die Kammer. Ratsam sei, das Mitgliederportal des Versorgungswerkes zu nutzen. Dort seien neben dem digitalen Postkorb auch Funktionen wie ein Rentensimulationsrechner und die Kontakte der zuständigen Ansprechpersonen zu finden.

Zulassung als Vertragspsychotherapeutin bzw. Vertragspsychotherapeut

Im turnusmäßigen Wechsel informieren auf dem Tag der Neuapprobierten die Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein (KVNO) und Westfalen-Lippe (KVWL) zum System der vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Dieses Mal stellte Maximilian Weller aus dem Team Praxisberatung der KVNO die Voraussetzungen und Bedingungen für die Zulassung dar. Grundlegende Schritte seien der Eintrag in das Psychotherapeutenregister und die Antragstellung auf Zulassung, hielt er fest. Wer in eigener Praxis tätig werde, habe eine Reihe von Pflichten zu beachten, darunter die Einhaltung von Plausibilitätszeiten, Präsenzpflicht und telefonische Erreichbarkeit. Derzeit seien alle Planungsbereiche gesperrt. Alternativ könnten die Anstellung in einer Praxis, Jobsharing-Modelle, eine Tätigkeit im Rahmen von Sonderbedarfen und Ermächtigungen sowie in Assistenz und Vertretung Wege in die vertragspsychotherapeutische Versorgung sein. Zu den jeweiligen Möglichkeiten gab Maximilian Weller praktische Hinweise, was bei der Verhandlung von Verträgen und der Antragstellung berücksichtigt werden sollte. Andreas Pichler ergänzte, dass der Kammer aktuell auch Bedarf bei Elternzeitvertretungen gemeldet werde. Zusätzlich könne die Anmeldung von qualitativem Sonderbedarf für die neu als Richtlinienverfahren für Erwachsene zugelassene Systemische Therapie ein Einstieg in die vertragspsychotherapeutische Versorgung sein, so der Vizepräsident.

Perspektiven der Berufstätigkeit im Anstellungsverhältnis

Dr. Georg Kremer, Psychologischer Psychotherapeut aus Bielefeld und Vorsitzender im Ausschuss Psychotherapie in Krankenhaus und Rehabilitation der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, blickte auf Fakten, Besonderheiten und Entwicklungsmöglichkeiten der Berufstätigkeit in Anstellung. Er zeigte die Bandbreite potenzieller Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auf und hob die große Vielfalt der Tätigkeitsfelder hervor. Insbesondere ging er auf Arbeitsplätze in der Eingliederungshilfe, im Krankenhaus und in der Jugendhilfe ein. Manche Tätigkeitsbereiche seien mit Herausforderungen und Besonderheiten verbunden. In der psychotherapeutischen Akutambulanz beispielsweise sei häufig nicht vorhersehbar, welche Aufgaben ein Arbeitstag mit sich bringe. Psychotherapeutische Kompetenz werde in vielen unterschiedlichen Situationen verlangt; auch Notdienste seien Teil des Leistungsspektrums. Über die Arbeit mit Patientinnen und Patienten hinaus gäbe es oft Möglichkeiten, sich strukturell einzubringen, Konzepte mitzugestalten oder Netzwerke zu entwickeln, betonte Dr. Georg Kremer. Mittlerweile hätten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten häufig auch Chancen auf fachliche und personelle Verantwortung und Führungspositionen. Insgesamt sei die Tätigkeit in der Anstellung abwechslungsreich und bereichernd. Ein schwieriges Thema bleibe die Bezahlung. Man sei sich dessen bewusst und weise immer wieder auf die Unterschiede bei ärztlichen und psychotherapeutischen Stellen hin. Aktuell seien die Perspektiven für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, gute Stellen zu erhalten, jedoch besser denn je, fasste er zusammen. Sie seien nach einer anspruchsvollen Ausbildung fachlich hoch qualifiziert und psychotherapeutische Kompetenz werde gebraucht.

Perspektiven der Berufstätigkeit in der Niederlassung

Barbara Lubisch, Vorstandsmitglied der Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen, erläuterte Grundlagen und Perspektiven der Berufstätigkeit in der Niederlassung. Ausführlich ging sie darauf ein, was bei der Eröffnung einer eigenen Praxis zu beachten sei. In einer Kassenpraxis könnten Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen behandelt werden. Die Verankerung im System der Kassenärztlichen Vereinigung sei dabei mit einer Reihe von Pflichten verbunden. Dazu gehöre unter anderem die Erfüllung des Versorgungsauftrages, die Pflicht zur Fortbildung und zur Umsetzung von Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung. Angesichts gesperrter Planungsbereiche sei derzeit nur die Übernahme einer bestehenden Kassenpraxis möglich. Der selbstständigen psychotherapeutischen Tätigkeit in einer Privatpraxis seien besonders gründliche Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit voranzustellen, unterstrich Barbara Lubisch. Neben Selbstzahlenden, privat Versicherten und Beihilfeberechtigten sei es grundsätzlich möglich, auch Behandlungen von gesetzlich Krankenversicherten im Rahmen der Kostenerstattung nach § 13 Abs.3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) abzurechnen. Die Kammer registriere allerdings, dass dieser Weg weiterhin schwierig sei. Er sollte nach dem Zugang über die Sprechstunde und der Zuweisung über die Krankenkasse erst „Plan C“ sein, riet sie. Ratsam sei, sich mit einer Privatpraxis weitere Standbeine zu schaffen, etwa in den Bereichen Supervision, Coaching oder betriebliche Prävention. Grundsätzlich sei ein vielfältiges Portfolio angesichts des wachsenden Konkurrenzdrucks in der Niederlassung für alle Praxen sinnvoll. Auch ein Standort abseits der Ballungsräume könne erwogen werden. Abschließend erläuterte Barbara Lubisch, wie Kammermitglieder sich in ihrer beruflichen Selbstverwaltung engagieren können. Die Profession habe in den letzten 20 Jahren viel erreicht und werde gesehen. Es sei wichtig, hier anzuknüpfen und tatkräftig weiter an den gemeinsamen Zielen zu arbeiten.

„Viel Erfolg für ihre berufliche Zukunft!“

Andreas Pichler wünschte den Neuapprobierten zum Ende der Veranstaltung viel Erfolg und Freude bei der weiteren Planung und Entwicklung ihres Berufseinstiegs. Wer Fragen oder Rückmeldungen habe, sei herzlich eingeladen, auf die Kammer zuzukommen.

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