Regionalversammlung im Regierungsbezirk Düsseldorf am 5. Dezember 2018

Zum Abschluss der diesjährigen Reihe der Regionalversammlungen, bei denen der Vorstand der Psychotherapeutenkammer NRW (PTK NRW) die Kammermitglieder vor Ort über die derzeitigen berufspolitischen Kernthemen informiert und den Meinungsaustausch sucht, trafen sich am 5. Dezember 2018 in Düsseldorf rund 90 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Kammerpräsident Gerd Höhner, Vizepräsident Andreas Pichler sowie die Vorstandsmitglieder Barbara Lubisch und Bernhard Moors blickten dabei auch auf laufende Gesetzgebungsverfahren. Zusätzlich bot sich die Gelegenheit, einen Blick „hinter die Kulissen“ der PTK NRW zu werfen, da in einem weiteren Tagesordnungspunkt auch zur Entwicklung des Kammerhaushaltes Informationen vorgestellt wurden. Auf Fragen und Anregungen aus dem Plenum ging der Vorstand gerne ein.

Novellierung der Psychotherapeutenausbildung

Zunächst erläuterte Gerd Höhner den Sachstand bei der Entwicklung eines zukünftigen Studiums mit Approbationsabschluss und der anschließenden Weiterbildungsphase zum Erwerb der Fachkunde. Die Reform werde unter anderem dazu führen, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Weiterbildung einen berufsrechtlichen Abgesicherten Status und auch eine deutlich bessere finanzielle Situation hätten als die heutigen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung, hielt der Kammerpräsident fest. „Die Kliniken werden sie ebenso anstellen, wie sie jetzt Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung einstellen. Diese Parallele zur Weiterbildung der Ärzte ist gewollt.“ Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) habe die grundsätzliche Erfordernis der Finanzierung der Weiterbildung anerkannt und entsprechende rechtliche Rahmensetzungen angekündigt.

Die Gestaltung der Weiterbildungscurricula gehöre zu den wesentlichen Zukunftsaufgaben der Landeskammern. Ziel sei, dass die zukünftigen Weiterbildungsinstitute die Weiterbildung praxisnah und praxislebendig, aber koordiniert mit einem ambulanten Schwerpunkt organisieren. Da grundsätzlich weiterhin mit großem Interesse an psychotherapeutischer Tätigkeit zu rechnen sei, müsse die Kammer auch über Maßnahmen zur Steuerung der Kapazitäten nachdenken, erklärte Gerd Höhner. Gemeinsam mit den anderen Landeskammern setze sich der Vorstand zudem aktiv für den Erhalt der Verfahrensvielfalt ein. Erfreulich sei, dass mit der Nutzenbewertung der Systemischen Therapie für Erwachsene durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nun eine wichtige Weiche für ihre sozialrechtliche Anerkennung gestellt sei und man demnächst mit vier Richtlinienverfahren rechnen könne.

TSVG-Entwurf und weitere Gesetzesverfahren

Barbara Lubisch gab einen Überblick über sich in Beratung befindliche oder verabschiedete Gesetze mit direkter Auswirkung auf die alltägliche Arbeit von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Dabei wies sie auch auf die Frist zur Anbindung der Praxen an die Telematikinfrastruktur sowie die erweiterte Anwendung telemedizinischer Leistungen in der psychotherapeutischen Behandlung hin, deren praktische Umsetzung allerdings abzuwarten sei. In Bezug auf den Entwurf des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) wurde insbesondere der Passus zur „gestuften Steuerung“ psychotherapeutischer Behandlungen thematisiert. Der Kammervorstand habe die ablehnende Haltung des Berufsstandes zu den entsprechenden Formulierungen im TSVG-Entwurf auf unterschiedlichen politischen Ebenen unmissverständlich vermittelt, unter anderem auch in einem Termin mit dem zuständigen Abteilungsleiter im BMG.

Zwischenzeitlich habe auch der Gesundheitsausschuss des Bundesrates mehrheitlich gegen den Passus im Gesetzesentwurf gestimmt, führte Barbara Lubisch aus. Allerdings sei der Bundesrat bei dem Gesetzesvorhaben nicht zustimmungspflichtig. Daher seien weitere Aktivitäten gegen die geplanten Hürden zum direkten Zugang zur psychotherapeutischen Behandlung notwendig. In diesem Zusammenhang wies sie auf die Petition mehrerer Fachverbände zur Ablehnung des Gesetzesentwurfs zum TSVG hin, die bis zum 13. Dezember 2018 gezeichnet werden kann. Abschließend kam sie auf die Änderungen der Psychotherapie-Richtlinie zu sprechen und erklärte, dass die Erfahrungen der Terminservicestellen mit der Psychotherapeutischen Sprechstunde unter anderem zeigen würden, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten keine Auswahl der Patienten entsprechend der „Schwere“ der Problematik vornehmen würden.

Digitalisierung im Gesundheitswesen

Vorstandmitglied Bernhard Moors betonte in seinen Ausführungen zur Digitalisierung in der Psychotherapie, wie wichtig es sei, Patientinnen und Patienten qualifizierte und verlässliche Gesundheitsinformationen zur Verfügung zu stellen. In den Fokus seiner Ausführungen rückte er die Überlegung, wie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auf eine zunehmend digitaler werdende Welt reagieren sollten. Zu bedenken sei dies in Anbetracht dessen, dass im Koalitionsvertrag bereits das E-Health-Gesetz II verankert sei. Den Umgang mit möglichen Videosprechstunden, Informationsaustausch in sozialen Medien, webbasierten Selbsthilfeangeboten, Krankenkassen-Apps, der Nachfrage von Patientinnen und Patienten nach auf dem Smartphone verfügbaren Krankenakten sowie damit verbundene Fragen zu Rechten und Datenschutz benannte er als aktuell zu bearbeitende Themen. Für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten könne die Digitalisierung auch zu Erleichterungen in der Praxis führen, erklärte Bernhard Moors, beispielsweise beim Anzeige-, Antrags- und Genehmigungsverfahren für Psychotherapie.

Es müsse der Tendenz entgegengewirkt werden, den Berufsstand bei der Entwicklung der elektronischen Patientenakte (ePA) außen vor zu halten. Generell sei zu klären, auf welche Gesundheitsdaten Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Zukunft zugreifen können. Wie Bernhard Moors ausführte, stelle sich hier für die Profession die Herausforderung, stärker präsent zu sein. Die PTK NRW sei mit diesem Thema bereits befasst und aktiv geworden.

PTK NRW intern – Haushalt und Zukunftsaufgaben

Anschließend stellte Vizepräsident Andreas Pichler wichtige Zukunftsaufgaben der Kammer, die aktuelle Haushaltslage und die Perspektive dar. Der Kammerhaushalt sei stabil, in der nächsten Legislaturperiode anstehende Projekte seien somit realisierbar. Man habe ausreichende Rücklagen bilden können, um größere Ausgaben wie die Kammerwahl 2019 und die Modernisierung der Homepage finanzieren zu können. Da die Mitgliederzahl um jährlich etwa 600 neue Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auf voraussichtlich 11.600 Kammermitglieder Anfang 2019 steige, seien auch Erweiterungen im Stellenplan der Geschäftsstelle unumgänglich, unter anderem im Bereich Mitgliederberatung.

Aufgrund der steigenden Mitgliederzahl müssten weitere Serviceleistungen ausgebaut werden. Die sehr gut nachgefragten Fortbildungsangebote der PTK NRW seien bereits erweitert worden, Fachtage und ähnliche bewährte Veranstaltungen würden auch zukünftig angeboten werden. Ebenso gelte es, die zum Informationsaustausch und zur Meinungsbildung der ehrenamtlich tätigen Kammerversammlungsmitglieder entwickelten „großen Ratschläge“ zu aktuellen berufspolitischen Themen weiterhin zu finanzieren. Demokratie und ehrenamtliches Engagement hätten ihren Preis, unterstrich Andreas Pichler.

Fakten und Mythen der Bedarfsplanung

Zum Abschluss der Regionalversammlung beschrieb Gerd Höhner den kleinschrittigen und langwierigen Weg, bei der Bedarfsplanung gegen Unkenntnis und Vorbehalte von Entscheidungsträgern zu arbeiten. Das Gutachten des IGES-Instituts zur Erhebung der Versorgungssituation im Ruhrgebiet sei ein Beispiel dafür, dass der notwendige Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung wissenschaftlich fundiert erfasst werden könne. Leider würden diese Erkenntnisse aber noch weitgehend ignoriert. Sowohl das Gutachten „Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung“ des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen vom Juni 2018 wie auch das vom G-BA beauftragte und im Oktober 2018 vorgestellte „Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung i.S.d. §§ 99 ff. SGB V zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung“ seien zu dem Schluss gekommen, dass die Fallzahlen in der Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen erheblich angestiegen seien. Auch die Statistiken der Bundesrentenversicherung über zu Frühberentung und die dabei zugrunde gelegten Krankheiten und Störungen würden auf die zunehmende Bedeutung psychischer Erkrankungen verweisen. Dennoch sei es den Akteuren in Gremien wie dem G-BA schwer begreiflich zu machen, dass aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach psychotherapeutischen Leistungen konsequenterweise auch die Anzahl von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten steigen müsse, um eine angemessene Versorgung zu sichern. Stattdessen beharre man mehr oder weniger auf dem Status quo und pflege bestehende Vorurteile, kritisierte der Kammerpräsident. Zu beachten in diesem Zusammenhang sei auch, dass es nicht um eine Erhöhung der Sitze nach dem „Gießkannenprinzip“ ginge, sondern regionale Faktoren zu berücksichtigen seien. Ebenso stehe außer Frage, dass weiterhin Bedarf nach psychotherapeutischer Behandlung im Rahmen der Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V bestünde.

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