Tag der Neuapprobierten am 26. Juni 2021

Mit fast 130 Teilnehmenden war der mittlerweile traditionelle „Tag der Neuapprobierten“ der Psychotherapeutenkammer NRW am 26. Juni 2021 erneut gut besucht. Nach der ersten erfolgreichen Online-Umsetzung im Frühjahr dieses Jahres wurde die Informationsveranstaltung vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie auch dieses Mal über ein Videokonferenzsystem durchgeführt. Die neuen Kammerangehörigen erhielten Einblicke in die Aufgaben und das Arbeitsfeld der Psychotherapeutenkammer NRW und in die Angebote des Versorgungswerkes der Psychotherapeutenkammer NRW. Weitere Themen waren die Voraussetzungen und Bedingungen für die Zulassung als Psychotherapeutin bzw. Psychotherapeut im System der gesetzlichen Krankenversicherung und praxisnahe Hinweise für die berufliche Tätigkeit. Im Anschluss an die Vorträge nutzten die Teilnehmenden rege die Gelegenheit, Fragen an die Referenten zu richten.

Blick auf zentrale Kammeraufgaben

Gerd Höhner, Präsident der Psychotherapeutenkammer NRW, begrüßte die neuen Kammermitglieder, die zugeschalteten Vorstandsmitglieder und Referenten sowie die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle. Er erläuterte die rechtlichen Grundlagen der Psychotherapeutenkammer NRW als berufliche Selbstverwaltung und stellte die Bedeutung der Berufsordnung für die Berufsausübung heraus. Im Zusammenhang mit den vom Gesetzgeber an die Selbstverwaltung übertragenen Aufgaben wies er unter anderem darauf hin, dass die Kammer auch Fortbildungen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten anzubieten habe. „Unsere Geschäftsstelle ist hierzu sehr aktiv, so dass wir Ihnen ein umfassendes Veranstaltungsprogramm bereitstellen können.“ Ein zentrales Thema der Kammerarbeit sei die Frage, wie die Bedarfe in der psychotherapeutischen Versorgung aus Sicht der Profession weiterzuentwickeln seien. „Dabei geht es nicht allein darum aufzuzeigen, dass wir mehr Angebote in der Niederlassung benötigen“, betonte Gerd Höhner. „Wir müssen uns auch darum kümmern, welche Formen und Angebote der psychotherapeutischen Behandlung und Beratung geschaffen, weiterentwickelt oder angepasst werden müssen.“ Dies beträfe beispielsweise Bereiche wie die Jugendhilfe, die psychosoziale Versorgung und psychotherapeutische Angebote für alte Menschen.

Wirksames berufspolitisches Engagement

Aktuell sei die Psychotherapeutenkammer NRW intensiv mit der Ausgabe des elektronischen Heilberufsausweises für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, mit Fragestellungen zu Qualitätssicherung und Datenschutz unter dem Gesichtspunkt der Digitalisierung sowie der Organisation der neuen Weiterbildung für die Profession befasst. „Die Weiterbildung wird auf Landesebene umgesetzt und fällt damit in den Verantwortungsbereich der Kammer“, erklärte der Präsident. „Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der weiterhin offene Fragen zu klären sind, etwa die Finanzierung der Weiterbildung im ambulanten Bereich.“ Auch die Bundespsychotherapeutenkammer sei hierzu sehr aktiv. Wie bedeutsam das Engagement auf Bundes- und Landesebene ist, sei erst vor Kurzem deutlich geworden, als in das Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) gegen Ende der Beratungen eine Regelung eingebracht werden sollte, nach der psychotherapeutische Indikationen an der Schwere der Störung auszurichten seien. „Das ist ganz und gar nicht so harmlos, wie es zunächst klingt“, hielt Gerd Höhner fest. „Tatsächlich würde damit irgendjemand nach irgendwelchen Kriterien willkürlich über den Bedarf entscheiden und dann erst Psychotherapie zulassen. Das wäre absurd und fachfremd.“ Die Profession habe zu diesen Plänen wirkungsvoll Widerstand geleistet und sich unter anderem über eine große Protestaktion erfolgreich gewehrt. Auf Landesebene seien die mittlerweile guten Kontakte des Kammervorstandes zu Ansprechpersonen im Landtag hilfreich gewesen. „Sicher wird die Diskussion über Begrenzungen psychotherapeutischer Leistungen nach der Bundestagswahl erneut aufkommen“, so der Kammerpräsident. „Zunächst einmal ist eine ‚Raster-Psychotherapie‘ jedoch vom Tisch. Ich danke allen, die sich in dieser Sache engagiert haben. Die Kammer wird auch in Zukunft nicht nachlassen, für eine angemessene Präsenz der Profession in den Versorgungsbereichen und eine gute Versorgung einzutreten.“

Soziale Absicherung und Zulassung für die vertragspsychotherapeutische Versorgung

Jens Mittmann, Leiter der Abteilung Mitgliederbetreuung/Leistungsverwaltung des Versorgungswerks der Psychotherapeutenkammer NRW, erläuterte den Neuapprobierten den Aufbau und die Verankerung des berufsständischen Versorgungswerkes im Gesamtsystem der Altersvorsorge. Anhand zahlreicher Beispiele verdeutlichte er die Versicherungsmathematik, die Begründung der Mitgliedschaft, die Pflichten und Möglichkeiten zur Beitragszahlung sowie die Leistungsarten.

Maximilian Weller, Praxisberater im Geschäftsbereich Sicherstellungspolitik und -beratung der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, führte in die Prinzipien der Bedarfsplanung ein und beschrieb die Voraussetzungen und Bedingungen für die Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Er schilderte den Weg in die Niederlassung und das Zulassungsverfahren sowie Tätigkeitsmöglichkeiten in Anstellung, skizzierte die vertragspsychotherapeutischen Pflichten und stellte Arbeitsformen wie Jobsharing, die Tätigkeit im Rahmen von Sonderbedarfen und Ermächtigung sowie in Assistenz und Vertretung vor.

Berufstätigkeit in der Niederlassung

Andreas Pichler , Vizepräsident der Psychotherapeutenkammer NRW, richtete den Blick auf die psychotherapeutische Tätigkeit in der Niederlassung. Er fasste die mit der Übernahme einer Kassenpraxis verbundenen Rechte und Pflichten zusammen, nannte wichtige Informationsquellen (Hinweise und Verlinkungen hierzu s. Präsentation zu diesem Thema) und blickte auf die wirtschaftlichen Grundlagen der für die vertragspsychotherapeutische Versorgung zugelassenen Praxen. Die Niederlassung mit einer Kassenpraxis ließe sich in der Regel nur durch die Übernahme einer bestehenden Praxis realisieren. Entsprechend seien die Möglichkeiten begrenzt. „Ein Nachbesetzungsverfahren kann zudem mitunter langwierig sein. Insofern ist es ratsam, weitere Varianten für das berufliche Fortkommen zu erwägen, etwa Tätigkeiten im Jobsharing“, erklärte Andreas Pichler. „Auch eine Elternzeitvertretung kann eine lohnenswerte Option sein. Im Zulassungsverfahren sind bereits vorhandene praktische Erfahrungen hinsichtlich Versorgungsleistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung gegebenenfalls durchaus ein Pluspunkt.“

In den Beruf startenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die sich mit dem Gedanken tragen, eine Privatpraxis zu eröffnen, riet er, sich parallel mehrere Standbeine zu schaffen. „Lassen Sie sich in die Sachverständigenlisten der Kammer eintragen, engagieren Sie sich in der Notfall-Psychotherapie oder in der Prävention, erschließen Sie sich Tätigkeitsbereiche wie Coaching, Supervision, Mediation oder Fortbildung für andere Berufsgruppen“, schlug er beispielhaft vor. Ein breites Portfolio sei insbesondere ratsam, da bei der Abrechnung von psychotherapeutischen Leistungen gemäß Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nach wie vor eklatante Probleme bestünden. „Viele Krankenkassen stellen sich weiterhin quer. Als Kammer mahnen wir immer wieder an, dass Patientinnen und Patienten nach wie vor einen Rechtsanspruch auf Übernahme der Kosten haben, wenn sie eine notwendige Versorgung über die gesetzliche Krankenversicherung nicht erhalten können. Da jedoch rechtlich nicht eindeutig geregelt ist, wann und unter welchen Bedingungen die Kassen dem Antrag auf Kostenerstattung stattgeben müssen, ist das oft mühselig. Letztlich werden stets Einzelfallentscheidungen gefällt.“ Andreas Pichler betonte darüber hinaus, dem Praxismarketing ausreichend Aufmerksamkeit zu schenken. „Machen Sie sich Ärztinnen und Ärzten, Kolleginnen und Kollegen in Ihrer Umgebung bekannt, nehmen Sie an Berufsstammtischen oder psychotherapeutischen Qualitätszirkeln teil, entwickeln Sie Spezialgebiete und informieren Sie darüber.“ Mehrere Standbeine, Spezialgebiete und eine gute Vernetzung seien angesichts der generell wachsenden Konkurrenz eine wertvolle Basis für die erfolgreiche selbstständige Berufstätigkeit.

Berufstätigkeit im Angestelltenverhältnis

Der Vortrag „Perspektiven der Berufstätigkeit im Angestelltenverhältnis“ von Dr. Georg Kremer , Psychologischer Psychotherapeut aus Bielefeld und Vorsitzender des Ausschusses Psychotherapie in Krankenhaus und Rehabilitation der Psychotherapeutenkammer NRW, fiel leider kurzfristig aufgrund technischer Probleme aus. Ersatzweise finden Sie hier die Informationen des Referenten vom vorherigen „Tag der Neuapprobierten“ im März 2021 zusammengefasst und im Anschluss an diese Meldung seine für den Tag der Neuapprobierten im Juni 2021 vorgesehenen Folien zum Download:

Dr. Georg Kremer erläutert in seinem Vortrag die Bandbreite möglicher Arbeitgeber für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten. Dabei wurde anhand konkreter und vielfältiger Beispiele das facettenreiche Spektrum an Einsatzfeldern in Kliniken, Beratungsstellen und Fachdiensten deutlich. Neben weiteren Vorteilen hob er als Pluspunkte einer Beschäftigung in diesen Arbeitsfeldern die Zusammenarbeit im multiprofessionellen Team und einen abwechslungsreichen Arbeitsalltag hervor. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten hätten zudem vielerorts die Möglichkeit, Konzepte zu entwickeln und Arbeitsbereiche mitzugestalten. Zugleich eröffne ihnen die Approbation gute Chancen auf Führungspositionen; in Kliniken für Rehabilitation beispielsweise seien sie häufig für die Behandlung verantwortlich. Abschließend informierte der Referent über Angebote der Psychotherapeutenkammer NRW für angestellte Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und legte den Neuapprobierten neben den Fortbildungsangeboten die Veranstaltungsreihe „Angestellte im Fokus“ der Kammer ans Herz, in der zusätzlich zu aktuellen berufspolitischen Themen spannende Einsichten in – mitunter weniger bekannte – Tätigkeitsfelder für den Berufsstand vermittelt würden.

Zum Abschluss dankte Kammerpräsident Gerd Höhner den Mitarbeitenden der Geschäftsstelle für die Organisation der Informationsveranstaltung, den Referenten für ihre informativen Vorträge und den Neuapprobierten für ihr Interesse an den Hinweisen zum Berufseinstieg. „Ich lade Sie herzlich ein, die berufspolitischen Aktivitäten in NRW weiterhin zu verfolgen und freue mich, wenn wir uns auf der einen oder anderen Veranstaltung oder in den Gremien der Kammer wiedersehen.“

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